Dieses Shirt war eigentlich nur als Testversion gedacht für den Schnitt des Joni-Kleides aus dem neuen Buch Stretch! von Tilly and the Buttons. Aber wie es manchmal so geht bei Testversionen, ist daraus ein absolutes Lieblingsteil geworden.
Der Schnitt des Joni-Dresses gefiel mir sofort, als ich ihn in der Vorschau gesehen hatte. Ich habe bisher wenig von der britischen Schnittdesignerein Tilly Walnes, besser bekannt als Tilly and the Buttons, genäht. Irgendwas hatte mich oft an den Schnitten gestört, manchmal erschienen sie mir auch einfach zu jugendlich. An diesem Schnitt, Joni, mochte ich sofort das Knotendetail im Vorderteil.
Nun gibt es ja auch viele andere Schnitte für Oberteile mit Verschlingungen, oder Knoten, wie sie in der deutschsprachigen Nähszene genannt werden. Die englische Bezeichnung Twist trifft allerdings die Schnittkonstruktion viel besser, denn es wird ein Schnitteil, meistens im Oberteil, ein oder zweimal um sich selbst gedreht. Hierdurch ergeben sich reizvolle Raffungen im Oberteil.
Ich habe bisher einige Schnitte für Knotenkleider ausprobiert und war nie so ganz glücklich damit geworden. Ich hatte immer zwei Probleme bei diesen Schnitten. Das erste lag in der Schnittkonstruktion: die Verschlingung der Oberteile lag immer zwischen den Brüsten, dadurch wurde der Ausschnitt immer sehr, sehr tief, was zumindest für mich dann das Tragen nur mit einem untergezogen Top möglich machte. Der tiefe Ausschnitt wurde dann auch noch durch die Ausschnittverarbeitung verstärkt, mein zweites Problem bei diesen Schnitten, denn die Ausschnittkanten wurden nur einfach umgeschlagen und hatten dadurch keinen Halt.
Beide Problem sind beim Joni-Dress vorbildlich gelöst, wie ich finde. Die Verschlingung der Oberteile liegt einige entscheidende cm oberhalb der Brustlinie. Ich trage zwar auch hier lieber ein Top darunter, abert auch ohne halten sich die Einblicke ins Dekollete durchaus in Grenzen.
Die Ausschnittkanten werden mit einem innenliegenden Bündchen versäubert, die Technik wird genau im Buch beschrieben. Ich hatte das bisher noch nicht so gemacht, mir aber immer gedacht, daß das gehen müßte- und es geht hervorragend und gibt einen schönen sauberen Abschluß, der vor allem nicht aufklafft.
Unterhalb der Verschlingung gibt es dann eine kurze senkrechte Naht in der vorderen Mitte. Durch den Knoten wird die Naht leicht nach oben gezogen. Bei gestreiften Stoffen kommt dieses Detail sicher sehr hübsch hervor, mein nächstes Joni nähe ich aus gestreiftem Stoff!
Die Länge der Tunika ergab sich bei mir aus der Menge des vorhanden Stoffes, oder besser gesagt aus der nicht vorhandenen Menge… ich wollte gern den wunderschönen beerenfarbigen Slubjersey von 1000Stoff für diesen Schnitt verwenden, da ich mir das Knotendetail aus diesem superweichen Stoff so gut vorstellen konnte. Ich hatte allerdings definitiv zu wenig Stoff, da ich die schöne Weite des Rockteiles nicht verkleinern wollten. Ich habe daher das Rockteil gekürzt, praktischerweise genau an der Linie, die für Verkürzungen oder Verlängerungen im Schnitt eingezeichnet ist. Als Tunika finde ich die Länge so sehr schön.
Die Taillennaht wird mit Framilonband verstärkt, auch das wird genau im Buch beschrieben, wie man das machen kann. Ich hatte bisher immer das Framilon mit großem Geradstich auf den Stoff aufgeheftet, bevor ich mit der Overlock die Nähte genäht habe. Tilly empfiehlt, das Framilon nur mit einigen Zickzackstichen am Anfang der Naht zu befestigen und dann direkt mit der Overlock zu nähen. Das habe ich probiert und es ging überraschend gut.
Mit der Paßform des Schnittes war ich sehr zufrieden. Ich habe an den Seitennähten und vor allem unter der Achsel einige mm weggenommen, mein Stoff war aber auch sehr dehnbar. Das ist ja immer die Tücke beim Nähen mit dehnbaren Stoffen, daß man sich nie darauf verlassen kann, wie ein Schnitt paßt.
Die Anleitung im Buch finde ich sehr ausführlich und verständlich. Das Buch enthält Schnittmusterbögen mit (überlappenden) Mehrgrößenschnitten, aber pro Seite ist nur ein Schnitt, so ist das Abpausen eine reine Freude.
Mein einziger Kritikpunkt an diesem Schnitt ist eigentlich die Nahtzugabe von 1,5 cm- das ist zum Nähen mit der Overlock sehr unpraktisch, und auch beim Nähen mit der normalen Nähmaschine einfach nicht notwendig bei einem Jerseyschnitt.
Das Buch Stretch! finde ich insgesamt sehr lohnend und empfehlenswert. Es enthält einen umfangreichen Technikteil über das Nähen von dehnbaren Stoffen mit Materialkunde.Das Nähen mit der Overlock wird sehr ausführlich behandelt. Schade nur, daß das Vorhandensein einer Covermaschine überhaupt nicht erwähnt wird- das hätte ich schon von einem Buch über das Nähen mit dehnbaren Stoffen erwartet.
Das Buch enthält 5 Schnittmuster, von denen Joni sicher das originellste ist, die anderen sind eher Basic-Teile: ein Rock, ein Shirt mit Raglanärmeln, ein Pulli aus Sweat und ein Hoodie mit Jogginghose. Da aber zu jedem Schnitt sehr viele Variationen gezeigt werden, hat man mit den Schnittmustern des Buches schon eine schöne Basisgarderobe aus dehnbaren Stoffen. Die Aufmachung des Buches ist absolut hochwertig mit vielen schönen Fotos. Ich denke, daß dieses Buch sowohl für Nähanfänger als auch für Fortgeschrittene gut geeignet ist- ich hatte jedenfalls schon viel Freude daran!
verlinkt: Afterworksewing, RUMS
Das ist ein wirklich schönes Oberteil, ich kann dir auch das andere Buch sehr empfehlen, ich finde es ist das beste Nähbuch überhaupt, die Schnitte sind aus meiner Sicht nicht zu jugendlich, sie wirken oft so, weil Tilly so wirkt und sehr jugendliche Stoffe nimmt. Das Kleid Megan z. B. oder der Rock Delphine sind wirklich gute Basics. Und die Hose in dem Buch ist prima als HOmewear, Schlafanzughose geeignet. Ich habe da auch nähtechnisch noch einiges dazu gelernt. Braucht man für Stretch eine Overluck oder geht sie auch darauf ein, wie man Stretch mit der normalen Nähmaschine näht? Ich glaube, die Nahtzugabe von 1,5 cm ist im englischsprachigen Raum einfach normal. LG Anja
Liebe Anja, danke! In dem Stretch-buch wird auch das Nähen von Jersey mit der Nähmaschine ausführlich besprochen, das ist ein eigenes Kapitel. Danke für den Hinweis auf das andere Buch von Tilly, das hatte ich mir noch gar nicht so genau angeschaut. Werde ich jetzt nachholen nach Deinem Hinweis!
LG Barbara
Stoff, Schnitt, Farbe – passt alles sehr gut zu Dir. Dein Beispiel könnte meine Skepsis gegenüber geknoteten Oberteilen besiegen, denn ich finde es sitzt sehr schön.
LG Ina
Liebe Ina, danke für Deinen lieben Kommentar! Ich glaube, man muß diese Knotenoberteile einfach mal probieren- manche sitzen, ander überhaupt nicht. Aber eigentlich finde ich es eine schöne und sehr feminine Ausschnittgestaltung.
LG Barbara
Sehr schönes Shirt/Kleid, wie auch immer. Egal, es sieht toll aus und steht dir auch sehr gut.
Liebe Grüße,
Lee
Liebe Lee, ja, das ist so ein Mittelding zwischen Kleid und Shirt, aber ich mag diese Tunikalänge über Hosen oft ganz gerne.
Danke für Deinen Kommentar und Dein Lob!
LG Barbara
Sieht toll aus dein Shirt oder Kleid. Mit gefällt auch deine Stoffwahl richtig gut. 🙂
Viel Spaß mit deinem neuen Teilchen und liebe Grüße die Nähbegeisterte
Liebe Nähbegeisterte, finde ich ja gut, daß Du den edlen Stoff erkannt hast! Es ist wirklich ein schöner und hochwertiger Jersey, der dazu auch noch genial weich auf der Haut ist. Von daher ist der Spaß am neuen Teil gesichert!
Ganz lieben Dank für Deinen Kommentar!
LG Barbara
Fesch ist die Tunika. Und mit dem Knoten an der Stelle auch mal was anderes.
Lg Iris
Liebe Iris, danke für Deinen Kommentar und Dein Lob! Ich denke auch, daß der Schnitt was besonderes ist.
LG Barbara
Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung des Schnittes. Deine Tunika ist ein echter Hingucker in einer tollen Farbe. Die Probleme, die Du bei den ganzen anderen Knotenkleidern beschreibst habe ich auch mit dieser Sorte Schnitt, weshalb ich mir auch nie eines genäht habe. Ausschnitte, bei denen ich ein Top drunter brauche, um mich wohl zu fühlen, sind nichts für mich!
Ich freue mich, dass Du das Buch so ausführlich vorgestellt hast. Solche Buchbesprechungen sind viel besser als die Kurzbewertungen bei Amazon. Bei den breiten Nahtzugaben helfe ich mir mit einer Markierung auf der Ovi, quasi als rechten Seitenanschlag, das geht sehr gut.
Viele Grüße, Stefanie
Liebe Stefanie, danke! ich freue mich sehr, daß Dich mein Beitrag interessiert hat. Ich habe übrigens schon Markierungen an meiner Overlock, aber ich finde einfach diesen breiten Streifen, der dann abgeschnitten wird, so unpraktisch beim Nähen…aber ist vielleicht auch einfach Gewohnsheitssache. Und was die Amazon-Buchbesprechungen angeht, muß ich Dir unbedingt recht geben. Man weiß ja bei diesen Bewertungen nie, was echte Bewertungen sind und welche gekauft sind. Umso wichtiger finde ich, daß wir auf den Blogs uns über neue Nähbücher austauschen, um zu echten Erfahrungsberichten zu kommen.
LG Barbara