Die Schnitte der französischen Designerinnen, die unter Deer and Doe ihre Entwürfe veröffentlichen, begleiten mich schon mein ganzes Näh-Leben. Ich weiß noch gut, wie ich nach meinen ersten holprigen Nähversuchen begann, im world wide web zu stöbern, und dann auf diese raffinierten französischen Schnitte stieß. Und wie stolz ich dann war, als ich zum ersten Mal einen solchen genäht hatte!
Das war 2016: Robe Sureau von Deer and DoeWeiterlesen
War es der hübsche französische Name dieses Schnittes, der schön aufgemachte Papierschnitt oder einfach die Lust auf einen neuen Jeansschnitt, der mich zu diesem Nähprojekt inspiriert hat?
Wahrscheinlich von jedem etwas… aber die Verpackung des Schnittes ist schon sehenswert:
Es handelt sich um ein Hosenschnittmuster im Jeansstil des französischen Labels Maison Fauve, das einige witzige Besonderheiten hat. Im Vorderteil gibt es drei schmale biesenförmige Abnäher. Die Vorderhose hat eine Längsnaht in der Mitte und im Außenteil eine schräge Tasche, dies erinnert an die Taschenlösung der Pietrapants von Closetcore. Die Passe der Hinterhose ist nach oben gebogen , die Taschen haben eine leicht assymmetrische Form.
Ich habe eine Weile gerätselt, wie die Paßform der Hose gedacht ist. In der Beschreibung wird sie als eher bequem um Hüfte und Oberschenkel beschrieben, die Beine werden zum Knöchel hin etwas enger. Die Taille ist in der natürlichen Taille, also eher hoch. Mich erinnert diese Hosenform an die Karottenjeans der 90er Jahre, mittlerweile heißt diese Jeansform wohl Mom-Jeans und ist wieder modern. Die meisten Beispiele der Hussardhose, die in den sozialen Medien gezeigt werden, haben diese eher entspannte Form. Es gibt aber auch sehr körperbetonte Exemplare, aber ich denke, da wurde dann viel Weite aus dem Oberschenkelbereich herausgenommen, der Originalschnitt hat ausgesprochen weite Oberschenkel. Ich habe die großzügige Mehrweite im Oberschenkelbereich gelassen und somit eine Mom-Jeans genäht.
Ich habe einiges an der Hinterhose angepaßt, das sind meine normalen Änderungen, bei denen ich Weite aus dem Gesäßbereich herausnehme und die Schrittkurve anpasse. Bei der finalen Anprobe, also nach dem Zusammenheften von Vorder- und Hinterhose habe ich dann noch einiges an Weite aus den Seitennähten genommen, aber das war wohl auch meiner Stoffwahl geschuldet: ich hatte einen Jeansstretch verwendet, empfohlen wird für diesen Schnitt eigentlich ein nicht dehnbarer Stoff. Aber dafür macht man ja die Anprobe, um solche Anpassungen vornehmen zu können. In der Anleitung steht es übrigens ausdrücklich, daß man bei einem dehnbaren Stoff eine Größe kleiner nehmen könne….ja, ja, wer lesen kann , ist klar im Vorteil…
Apropos Lesen: die Anleitung ist natürlich auf französisch, was ich wenig beherrsche. Es gibt im Booklet aber eine englische Überetzung. Egal welche Sprache man aussucht, die Anleitung ist…eher sehr kurzgefaßt. Es gibt sehr einfache Zeichnungen, insgesamt ist das ganze für einen Anfänger, der noch nie eine Jeans genäht hat, vermutlich schwer verständlich. Es gibt aber ein Video, das ich wiederum sehr gut finde. Es ist natürlich auch auf französisch, aber es werden die wichtigen Dinge so genau gezeigt, daß man das gut nachnähen kann.
Mein Fazit zum Schnitt Hussard: ein sehr interessanter Jeansschnitt mit schönen Details, der sehr gut und liebevoll gestaltet ist. Für die Umsetzung ist eine gewisse Näherfahrung notwendig, und die Paßform muß man mögen. Ich mag sie im Augenblick sehr gerne und bin gespannt, wie sie sich im Alltag bewährt.
Die Bluse, die ich dazu trage, ist die Zadiebluse von Sewoverit. Zadie ist ein eigentlich schlichter Blusenschnitt mit einigen Kräuseln im Rücken und Brustbereich und den aktuell weiten Ärmeln. Die Besonderheit des Schnittes ist, daß er Raglanärmel hat, das sieht man nicht so oft bei den aktuellen Blusenschnittmustern, so jedenfalls mein Eindruck. Die Raglanärmel haben einen kleinen Abnäher auf der Schulter- der ergibt bei mir eine kleine Ecke, der Abnäher müsste für meine Schulterform wahrscheinlich etwas nach vorne geschoben werden. Da die Bluse aber insgesamt so locker fällt, merkt man das beim Tragen nicht.
Die Bluse hat einen großen Nähfehler, den man aber auf den Bilder vermutlich nicht sieht: sie wird verkehrt herum geknöpft. Nein, mich hat nicht beim Nähen der Knopflöcher eine plötzliche Rechts-Links-Schwäche befallen, bei Blusen finde ich es wirklich sehr einfach, die Knopflöcher richtig zu positionieren (im Gegensatz zu Hosenverschlüssen und anderen Gemeinheiten, da muß ich immer noch mal nachdenken). Ich hatte die Knopflöcher ganz richtig angefangen, aber meine Nähmaschine hatte ein Problem mit der Knopflochautomatik und hat ausgerechnet beim Knopfloch im Brustbereich eine Raupe viel zu lang genäht, so daß ich das wieder auftrennen mußte. Dabei bin ich mit dem Nahttrenner abgerutscht und habe einen tiefen Riss in der Knopfleiste produziert. Den habe ich dann wieder geflickt, aber natürlich nicht unsichtbar. Meine pragmatische Lösung war, die Knopfleiste nun in die linke Blusenleiste zu legen, zumindest im zugeknöpften Zustand sieht man die Flickstelle kaum noch. Aber das Zuknöpfen links über rechts ist bei einer Bluse schon etwas gewöhnungsbedürftig…
Meine Nähmaschine ist mittlerweile wieder repariert, ich habe ihr sozusagen einen umfasssenden Wartungs- und Wellnessaufenthalt gegönnt und jetzt näht sie Knopflöcher wieder mit ihrer gewohnten Präzision. Ich hatte meine Bernina in einem größeren Nähzentrum gekauft, natürlich, möchte ich fast sagen, denn man möchte ja beim Nähmaschinenkauf auch verschiedene Modelle und Firmen probenähen. Das war ja auch zum Auswählen und Kaufen ganz gut, aber zur Reparatur habe ich sie jetzt lieber ins örtliche Nähgeschäft gebracht. Auch dort gibt es einen Bernina-Service, und schon nach einer Woche hatte ich mein Schätzchen wieder. Der schöne Viskosestoff der Bluse kam übrigens auch aus selbigem örtlichen Nähgeschäft, das wirklich nicht groß ist, aber doch auch eine interessante Stoffauswahl anbietet. Ein Hoch auf die örtlichen Nähgeschäfte, gerade jetzt, wo es doch für alle Geschäftsleute so schwierig ist. Ich versuche immer, alle meine Kurzwaren vor Ort zu kaufen, um das Geschäft zu unterstützen.
Meinen Beitrag verlinke ich gerne mit dem Memademittwoch, unserer monatlichen Plattform für die ambitionierte Hobbynäherin. Wie immer freue ich mich aufs rege Kommentieren und Diskutieren unserer Beiträge!
In meinem Stoffvorrat lagert seit vielen, vielen Jahren ein großes Stück Softshell, 100% Polyester.
Ich will jetzt nicht behaupten, daß ich nicht wüßte, wie das Stoffstück in meinen Stoffschrank geraten war. Ich hatte den Stoff gekauft, im hiesigen Nähgeschäft, muß mir also durchaus über Haptik und Zusammensetzung im klaren gewesen sein. Zu meiner Ehrenrettung kann ich nur sagen, daß es zum Zeitpunkt des Kaufes, vor 5 oder 6 Jahre? noch nicht die Auswahl an hochwertigen Outdoorstoffen gab, die wir jetzt in den einschlägigen Stoffshops im Internet haben, oder sie waren mir zumindest nicht bekannt. Ich glaube, ich wollte mir damals schon ein Jacke nähen, aber die Planung ging nie über das Stadium des Stoffkaufes hinaus. Mir wurde dann auch bald klar, daß ich das gekaufte Material nicht so gerne mochte. Die Außenseite war ja ganz ansprechend mit diesem imitierten Jeanslook, aber die Innenseite mit dem Polyester-Fleece- da bekam ich schon beim Anschauen Schweißausbrüche.
Also, der Stoff lag im Regal, und ich brauchte eine wasserabweisende Jacke für die Übergangszeit. Ich wollte dem ungeliebten Stoff jedenfalls eine Chance geben, und sei es nur als tragbares Muslin für eine eventuell später zu nähende Jacke aus einem schöneren Stoff- ich dachte da an einen der schönen Oilskins, die es jetzt in so tollen Qualitäten gibt.
Die Schnittauswahl war recht einfach- den Klassiker der Softshelljacken, die Susan von Pattydoo, hatte ich rasch für mich ausgeschieden. Ich wollte weder drölfzig A4-Seiten für den Schnitt zusammenkleben noch mich mit einer Anleitung beschäftigen, die ausschließlich aus einem Video besteht.
Also mußte es die Tosti-Jacke von Waffle Patterns sein, ein Schnitt, den ich schon ganz lange bewundere. Tosti ist eine typische Outdoor-Jacke mit den entsprechenden Taschen- das ist ja sowieso eines der Markenzeichen der holländischen (oder eigentlich japanischen) Designerin Yuki, daß sie eine unglaubliche Vielzahl von Taschenoptionen an ihren Schnitten offeriert. So kann man bei Tosti zwischen verschiedenen aufgesetzten Taschen für das Vorderteil wählen, Brusttaschen, Ärmeltaschen, Taschen mit oder ohne Reißverschluß. Das Highlight ist natürlich die Paspeltasche, die innen im Vorderteilbeleg eingearbeitet ist. Das war glaube ich auch das Detail, in das ich mich zuerst bei diesm Schnitt verliebt hatte.
Sonst ist der Schnitt klassisch: das Rückenteil hat Teilungsnähte, im Vorderteil gibt es einen Brustabnäher. die Ärmel sind geteilt, aber horizontal in Ellbogenhöhe. Verschlossen wird die Jacke mit einem Zweiwegereissverschluss, die Kapuze ist abknöpfbar. Der Schnitt ist gefüttert, es gibt selbstverständlich einen extra Futterschnitt.
Ich schreibe jetzt hier, daß es „selbstverständlich“ einen Futterschnitt gibt- ja , ich denke, es gibt einige Dinge, die man von einem gutgemachten und entsprechend hochpreisigen Schnittmuster erwarten kann. Alle diese Erwartungen werden von diesem Schnitt erfüllt. Die Anleitungen bei Wafflepatterns sind zwar knapp, aber treffen alles immer genau auf den Punkt. Die Grafiken in der Anleitung sind einfach toll, schon deshalb lohnt sich der Kauf des Schnittes.
Ich habe Größe 40 gewählt, eine Größe oberhalb der nach meinen Maßen zutreffenden Größe, und den Schnitt um 5 cm verlängert. Viele Näherinnen berichten darüber, daß die Jacke eher knapp ausfällt. Sonst habe ich nichts geändert, ich hatte das ganze ja auch eher so als Probemodell geplant. Und so hatte ich das Futter auch nicht schon zu Beginn zugeschnitten, sondern ich wollte erst mal warten. Wenn das Modell gut werden würde, nur dann würde ich dem Innenleben mit einem Libertystoff eine entscheidende Aufwertung zukommen lassen- und wenn nicht, irgendeinen Futterstoff dafür nehmen.
Ich hatte mich im Vorfeld über die Verarbeitung von Softshell belesen und wußte schon, daß man den Softshell ganz normal nähen kann, aber am besten weder Stecknadeln verwenden noch heften solle. Bügeln sei auch nicht so angebracht bei diesem Material. Also alles, was mir beim Nähen Spaß macht, sollte ich diesmal vermeiden- na gut, nach einigen Monaten Lockdown ist man ja in der Technik der Spaß-Vermeidung durchaus geübt.
Die Jacke entstand übrigens größtenteils auf einem Nähwochenende, das pandemiebedingt digital stattfand. An dieser Stelle nochmals ein großes Lob und Dank an @nahtzugabe5cm und @popchrissy für Idee und Durchführung dieses Events. Ich war überrascht, wie gut die Digitalisierung auch eines Nähtreffens funktionieren kann..muß allerdings zugeben, daß ich von meinem Projekt ziemlich absorbiert war, so daß ich vermutlich nicht alle Finessen des Events mitbekommen habe.
Denn so eine Jacke ist schon ein aufwendiges Projekt und erfordert eine gewisse Konzentration, vor allem wenn es dann um so diffizile Tätigkeiten geht wie das Auseinanderhalten des rechten und linken Vorderteiles. Ist ja nicht so ganz trivial, wie rum der Reißverschluss und das entsprechende „Placket“ eingenäht wird.
Meinen ungeliebten Softshell konnte ich eigentlich ganz gut verarbeiten. Über das Verbot von Stecknadeln habe ich mich bald hinweggesetzt, denn mit den Wonderclips alleine kam ich nicht zurecht. Es entstanden wirklich kleine Einstiche durch die Stecknadeln, aber die liessen sich durch heißen Dampf beim Bügeln wieder schliessen oder jedenfalls verringern. Und mit heißem Dampf habe ich dann viel gearbeitet. Ja , Softshell läßt sich nicht richtig bügeln, aber durch Bügeln, Dampf und Druck läßt sich durchaus eine gewisse Formänderung des Stoffes erreichen. Ich hatte anfänglich ja große Bedenken, weniger wegen des Stoffes als eher um die Beschaffenheit meines Bügeleisens, aber völlig unbegründet. Mein Fazit: man kann Softshell bügeln, solange man nicht so exakte Ergebnisse wie z.B. mit einem schönen Wollstoff erwartet.
Die Nähte habe ich alle von rechts nochmals abgesteppt, damit sie flach liegen, die entstehende Doppelnaht fand ich auch ganz hübsch zur erwünschten Jeans-Optik. Schwierig wurden natürlich die diversen Taschen. Bei den Reißverschlusstaschen im Vorderteil hatte ich den Softshell mit einer dünnen Futtereinlage verarbeitet, um den Reißverschluss halbwegs sauber einzunähen. Die Tasche hat eigentlich eine sehr hübsche Falte für einen 3D-Effekt, das kam bei mir dann nicht mehr so sauber raus. Auch die Paspeltasche im Vorderteilbeleg ist nicht so ganz exakt gearbeitet, aber ich kann mit dem Ergebnis gut leben.
Sehr angetan war ich von der Paßform der Jacke. Ich habe bis auf die Verlängerung des Schnittes nichts angepaßt und war schon bei der ersten Anprobe sehr zufrieden mit dem Schnitt. Gut, der Brustabnäher sitzt etwas zu hoch, aber ich hatte ehrlich gesagt erst beim Zuschneiden realisiert, daß der Schnitt einen Abnäher hat und war dann zu faul, ihn noch zu verlegen. Insgesamt stört das aber nicht, finde ich. Ich hatte ja auch schon mal den Kellyanorak von Closetcore genäht, und im Vergleich zu Kelly hat diese Jacke eine etwas schmalere Schnittführung, die mir gut gefällt. Deshalb entschied ich mich dann auch dafür, das Futter aus einem geliebten Libertystoff zu zu schneiden. Ich hatte aus diesem Stoff, Thorpe, schon eine Bluse genäht und unmittelbar nach Fertigstellung der Bluse den Stoff nachbestellt, weil ich ihn so schön fand. Offensichtlich eine sehr spezielle Form der Stoffverarmungsangst, die mich da befallen hat- aber man weiß doch heutzutage wirklich nicht, wie lange und wo man Stoffe einkaufen kann!
Eine Jacke zu nähen ist ein aufwendiges Projekt, und gerade die finalen Schritte, Absteppung, Nähte, Knöpfe, das sind alles Tätigkeiten, die nochmals einiges an Zeit benötigen. Bei den letzten Absteppungen kam meine treue Nähmaschine an ihre Grenzen, auch Schweizer Präzision hilft bei 6-8 Lagen Softshell übereinander nicht unbedingt weiter. Aber sobald es mir gelungen war, die Stoffschichten irgenwie unter den Nähfuß zu bringen, hat sie durchaus pflichbewußt versucht zu nähen. Und den Verlust von drei zerbrochenen Nadeln kann ich verschmerzen- die Nähgeschäfte hatten zwischendurch ja wieder mal offen und ich hatte den Nadelvorrat grade reichlich aufgestockt. Druckknöpfe einschlagen gehört nicht unbedingt zu meinen Vorlieben, aber auch das bekomme ich mittlerweile hin- es ist wie gesagt nicht meine erste Jacke.
Tosti ist jetzt seit einigen Wochen in Gebrauch, und ich bin sehr zufrieden mit dieser Jacke. Sie trägt sich hervorragend, wärmt durchaus und ist zumindest wasserabweisend. In einem richtigen Regenguß habe ich sie noch nicht getragen, ich fürchte aber, daß dann die Nähte undicht werden und die Feuchtigkeit in die Softshellinnenseite läuft. Die Taschenlösungen haben sich bewährt, die Reißverschlußtaschen sind gut für die Hände und/oder Handschuhe, und in der Innentasche findet das Handy seinen Platz.
Im Vergleich zu meinem Kellyanorak von Closetcore finde ich die Tosti-Jacke etwas eleganter, falls man bei diesen Outdoor-Jacken überhaupt von Eleganz reden kann. Aber Kelly hat für mich eher etwas sportliches, wahrscheinlich durch den Kordelzug in der Taille. Und auch wenn ich die Closetcore-Schnitte wirklich gerne mag- ich glaube, daß Yuki von Waffle Patterns die sorgfältigere Schnittdesignerin ist. Vielleicht kommt mir auch einfach diese Detail-Verliebtheit in Kleinigkeiten wie diverse Taschen mehr entgegen.
Und am meisten freue ich mich darüber, daß ein ungeliebter Stoff seinen Weg zu einem alltagstauglichen Kleidungsstück gefunden hat. Ich blicke auf meinen Stoffvorat oft mit Wohlgefallen und Freude, aber manchmal auch mit Sorge- natürlich macht es keinen Sinn , die Stoffe nur im Regal zu stapeln und nicht zu gebrauchen. Mein Vorsatz für dieses Jahr war , weniger Stoff neu zu kaufen und eher die alten Vorräte zu verwenden, diese Jacke ist dafür ein schönes Beispiel.
Alle anderen Näöhprojekte des letzten Monats, aus alten und neuen Stoffen, zeigt die Galerie des Memade-Mittwochs– danke an die Crew, daß sie uns jeden Monat aufs neue diese Plattform bereit stellt!
Heute zeige ich ein Outfit aus Rock und Bluse. Zwei Kleidungsstücke mit ganz unterschiedlichen Entstehungsgeschichten: der Rock nach einer super Anleitung ein Maßschneiderin genäht, jedes Detail penibel entsprechend der Vorgabe umgesetzt, und eine Bluse, bei der ich mich munter über den Originalschnitt hinweg gesetzt und meine eigene Version kreiert habe.
Der Rock ist, wie man unschwer erkennen kann, ein Bleistiftrock. Genäht habe ich ihn nach dem Videokurs von Inge Szoltysik-Sparrer, auch der Stoff, ein Merinowollstoff, kam aus Inges Werkstatt. Die Maßschneiderin Inge ist ja den meisten von uns durch ihre exzellenten Videokurse bekannt, ich hatte im letzten Jahr auch noch das Glück, ein Coaching in ihrer Werkstatt besuchen zu dürfen. Wenn ich Inges Video anschaue, fühle ich mich sofort wieder in diese Werkstatt-Situation zurück versetzt, und ich glaube, daß schon dadurch automatisch alle Nähte gerader werden- und was nicht gerade ist, muß gerade gemacht werden, d. h. der Nahttrenner war bei diesem Rockprojekt mein ständiger Begleiter.
Der Rock war sicher kein Quickie, ich habe ziemlich lange daran gewerkelt. Man muß bei so einer Videoanleitung ja auch immer sich das Video angucken, manchmal geht das parallel zum Nähen, ich habe es aber meistens erstmal so angeschaut, und schon das dauert. Der Videokurs ist sehr, sehr ausführlich- ich denke, man muß sich darauf einlassen, dann kann man auch viel davon profitieren. Ich habe mich bemüht, alles genauso zu machen wie im Video, irgendwann packte mich dann auch der Ehrgeiz, es auch genauso perfekt hinzubekommen wie Inge es vormachte, deshalb der häufige Einsatz des Nahttrenners.
Ich habe natürlich schon einige Röcke oder Hosen genäht, trotzdem war mir vieles bei diesem Rock neu. Inge wendet andere Techniken z.B. bei der Bundverarbeitung und beim Reissverschluss an- auf den ersten Blick war ich überrascht und dachte oft, daß das aber alles sehr umständlich sei. Sehr rasch habe ich dann aber gemerkt, daß die scheinbar umständliche Vorgehensweise ihren Sinn hat, weil das Ergebnis einfach um Klassen besser wird. Als Beispiel kann ich das Einnähen des nahtverdeckten Reißverschlusses anführen: nach Inges Anleitung wird hierfür erst die rückwärtige Naht komplett geschlossen, im oberen Bereich, in dem nachher der Reißverschluss sitzt, allerdings nur mit großem Stich geheftet. Dann wird – natürlich!- gebügelt (bei Inge wird ständig gebügelt) und der Reißverschluss mit zwei Hilfsnähten auf dem Band des Reißverschlusses eingenäht. Erst dann kommt der Spezialfuß für den Nahtverdeckten zum Einsatz, die Heftnaht wird entfernt und die eigentliche Naht am Reißverschluss genäht- die aber dann sehr gemütlich und entspannt, denn der Reißverschluss sitzt bereits exakt und verrutscht nicht mehr. Natürlich habe ich auf diese Art drei Nähte mehr genäht als auf die andere Art, die wir von Burda und Co immer gelernt haben- dafür spare ich mir aber das Auftrennen, wenn die Nähte aber doch nicht so aufeinander treffen, wie es geplant war.
Sehr vieles wird bei diesem Rock mit der Hand genäht. Das muß man wahrscheinlich einfach wollen- mir macht es nichts aus, im Gegenteil, ich nähe sehr gerne mit der Hand, vor allem wenn es keine großen Strecken sind- mir ist eine kurze Handnaht viel lieber als eine Maschinennaht, die ich nachher wieder auftrennen muß. Auch bei der Paspeltasche wird viel mit der Hand genäht, die Technik ist auch völlig anders als bei meinen bisherigen Paspeltaschen. Das Ergebnis finde ich sehr schön, übrigens ist es zum ersten Mal, daß ich eine Paspeltasche auch von links hübsch finde.
Und die Krönung dieses Rockes, die handgestickte Fliege zur Befestigung des rückwärtigen Schlitzes, darf natürlich nicht fehlen. Mich hat sie etwas Nerven gekostet, da ich zum Sticken die Konturen mit hellblauer Schneiderkreide vorgezeichnet hatte- und diese nach der Fertigstellung nicht mehr ausbürsten konnte. Ich habe dann eine Weile rumprobiert, auf einem Test-Stoffstück konnte ich die blaue Farbe gut mit Gallseife auswaschen, aber so richtig rubbeln wollte ich an dem fertigen Rock auch nicht. Ich habe die erste Fliege dann wieder aufgetrennt und nochmals etwas größer darüber gestickt, und durch die ganzen Manipulationen hatte sich dann doch noch einiges an Kreide gelöst. Jetzt stören die hellblauen Farbreste kaum noch, finde ich.
Der Schnitt des Rockes ist schlicht, etwas nach unten eingestellt, also eben ein Bleistiftrock. Raffiniert finde ich, daß der Bund nicht durchgehend geschneidert wird, sondern an den Seitennähten angesetzt wird, so lassen sich Weitenänderungen des Rockes relativ einfach ausführen. Ich hatte ja Bedenken, daß diese zusätzlichen Nähte im Bund auftragen könnten- weit gefehlt, die Nahttechniken und vor allem das Zurückschneiden der Nahtzugaben ist so ausgefeilt, daß alles schön flach anliegt.
Also, das Video ist toll, aber es ist eben ein Video. Ich hätte mir oft noch eine schriftliche Anleitung gewünscht, vor allem zum schnellen Nachlesen von Einzelheiten. Ich bin sicher auch nicht so die videoaffine Kundin, mir ist eine schriftliche Anleitung immer lieber, das mag aber auch Geschmackssache sein. Und ob ich jetzt jeden meiner zukünftigen Röcke mit dieser Sorgfalt und Genauigkeit nähen werde, kann ich auch nicht versprechen. Ich bin nun mal keine Profi-Schneiderin, ich nähe nur für mich und habe begrenzte Zeit und Lust dafür. Aber wenn ich weiß, wie der korrekte Weg ist, kann ich ja auch mal bewußt davon abweichen. Wie so oft im Leben ist es auch beim Nähen so, daß erst das Können und die Fertigkeiten uns die Freiheit eröffnen, nach eigenem Willen zu gestalten.
Die Bluse Paulette ist das Titelmodell der aktuellen FibreMood. Ja, im Heft sieht sie etwas anders aus, und ich fand diese Version auch wunderschön und hatte sie deshalb genäht.
Quelle: Fibremood
Paulette ist eine Bluse aus Webstoff, im Vorderteil hat sie eine Prinzessnaht von der Schulter bis zum Saum. In diese Naht ist eine Rüsche eingenäht, die im Rückenteil um eine tiefe halbkreisförmige Passe herum geleitet wird. Die Rüsche hat verschiedene Breiten, die breiteste Stelle liegt über der Schulter.
Ich hatte mir lange überlegt, welchen Stoff ich für Paulette nehmen sollte. Mein hauseigenes Stofflager enthält etliche schöne Viskosestoffe, die ich mir für so ein Blüschen gut vorstellen konnte. Aber diese Stoffe waren alle bedruckt und hatten eine weiße Rückseite, das fand ich für die Rüsche nicht schön, denn die Stoffrückseite ist durchaus sichtbar. Ein Chambray war noch im Angebot, der mir aber dann zu steif für das Modell erschien- und so wurde dann dieser schöne Liberty-Stoff (Thorpe, bezogen habe ich ihn hier) aus dem Stoffstapel genommen. Die Libertys sind zwar auch nicht ganz durchgefärbt, aber die Farben sind so intensiv, daß der Stoff auch von links gut aussieht.
Die Fibremood-Schnitte passen mir recht gut, ich hatte aber auch bei diesem Schnitt im Vorfeld eine FBA (full bust adjustment ) gemacht. Ich halte mich dabei immer an die wunderbaren Anleitungen von Anne vom beswingten Allerlei, die hier die FBA bei einem Oberkörperschnitt mit Teilungsnähten erklärt.
So fing ich also munter an zu nähen, und meine genähte Fassung, zunächst noch ohne Ärmel, sah auch sehr gut aus- an meiner Puppe, wo sie eine Woche hing und jeden Abend herunter genommen wurde zum Anprobieren. Der Schnitt hat einen Stehkragen, der relativ hoch geht- das steht mir nur begrenzt, und in diesem Fall konnte ich mich nicht damit anfreunden. Nachträgliche Änderungen an einem fertigen Ausschnitt sind immer mit erheblichen Risiken verbunden, das ist schon ein größerer chirurgischer Eingriff, finde ich- in diesem Fall habe ich es gewagt, den Ausschnitt zu einem V-Ausschnitt gemacht und mit einem Beleg versäubert. Sicher nicht so ganz perfekt gelungen, aber in diesem Fall einfach die bessere Lösung, ich hätte die Bluse sonst nicht gerne getragen.
Nachdem der Ausschnitt dann so erfolgreich geändert war, nähte ich die Ärmel ein. Die Rüsche war da schon eine Weile drin, und bei meinem Anproben war das der andere Punkt, an dem ich immer wieder stutzte. Mal fand ich die übergroße Rüsche toll, mal entsetzlich- ich hatte zu diesem Zeitpunkt auch schon erkannt, daß meine Stoffwahl vielleicht doch nicht so ideal war. Die Designbeispiele im Heft waren aus einer Viskose genäht, da fließt die übergroße Rüsche schön weich über die Schulter. Mein Liberty-Stoff hat natürlich auch einen schönen Fall, aber es ist trotz allem ein Baumwollstoff, der einfach einen anderen Stand hat. Aber seht selbst, es gibt Bilder von dieser Version:
Bitte nicht an den anderen Farben stören, diese Bilder sind in der Dämmerung abends entstanden, da hat die Belichtungsautomatik der Kamera nicht mehr so gut funktioniert und die Farben sehr verfäscht, in echt sind die Farben schon so wie auf den anderen Bildern. Mein Tragegefühl in dieser Bluse war ganz ok, aber ich kam mir irgendwie verkleidet vor- und auch die Konsultation der hauseigenen Modeberatung aka Ehemann ergab das gleiche Ergebnis: die Rüsche war zu breit. Zu breit für mich und für diesen Stoff, andere Fassungen haben mich da viel mehr überzeugt.
Und so folgte der nächste chirurgische Eingriff am lebenden Objekt, das Kürzen der bereits eingenähten Rüsche. Das ist sicher auch nichts, was ich weiter empfehlen kann, denn die Rüsche war ja bereits eingekraust festgenäht, exakt abmessen oder einzeichnen war da nicht mehr drin. Aber irgendwie habe ich es hinbekommen, sie halbwegs gleichmäßig abzuschneiden. Und der Rüschensaum ist jetzt endlich auch standesgemäß: bei der ersten Version hatte ich den Saum einfach schmal mit der Maschine abgesteppt, aber ich hatte das schon beim Nähen als Vergewaltigung dieses edlen Stoffes gesehen. Jetzt habe ich den Saum mit der Hand rolliert- ja, die Kurse bei Inge haben schon nachhaltige Wirkung bei mir…
Es ist nicht so schlimm, ein Rüsche mit einem handgenähten Rollsaum zu versehen, man muß halt nur die 2-3 Stunden Zeit dafür einplanen- ich habe dabei Musik und Podcasts gehört und mich über das Gefühl gefreut, daß ich endlich die richtige Lösung für Paulette gefunden habe.
So, genug der langen Nähgeschichte, danke fürs Lesen bis hierher! Über Kommentare, Anmerkungen oder Kritik freue ich mich wie immer. Bitte nicht wundern, wenn die Kommentare nicht gleich anzgezeigt werden, sie müssen erst noch von mir freigeschaltet werden. Diese Moderation ist leider notwendig, da die Spam-Kommentare doch zu zahlreich wurden.
Es gibt Schnitt für Webware, und es gibt Schnitte für Maschenware. Mit gutem Grund sind das üblicherweise unterschiedliche Schnitte, denn zu verschieden sind die Eigenschaften der Stoffarten und die Verarbeitungstechniken. Natürlich werden auch immer wieder mal Schnitte angeboten, bei denen die Stoffart egal sein soll- das trifft dann aber auch auf die Güte der Paßform zu, um solche Schnitte habe ich bisher einen großen Bogen gemacht.
Eine interessante Ausnahme von dieser Regel stellt der Schnitt „High Cuff Sweater“ des schwedischen Schnittlabels The Assembly Line dar. Hier wird ein Webstoff mit einem dehnbaren Bündchen kombiniert. Der Schnitt wird in den sozialen Medien meistens aus Webstoff gezeigt, aber die Schnittbeschreibung sieht auch Jersey als Hauptstoff vor.
Wanderoutfit- nur echt mit vielen Tragefalten!
„High Cuff“ bezieht sich auf die Rückansicht, denn hier wird das Bündchen, der Cuff, bogenförmig nach oben gezogen. Das ist ein ausgesprochen witziges Detail an diesem Schnitt, das einen guten Sitz des Sweaters garantiert. Sonst ist der Schnitt unspektakulär: etwas überschnittene Ärmel, Rundhalsausschnitt, leicht nach unten gestellte Brustabnäher,Länge bis etwas über die Taille.
vor der Wanderung war das Teil wirklich gebügelt!
Die Anleitung ist so, wie man es von einer etablierten und hochpreisigen Schnitt-Firma erwartet. Alles wird gut und ausführlich beschrieben, die Nahtzugabe von 1 cm ist im Schnitt enthalten. Etwas gestutzt habe ich nur beim Ärmelschnitt: hier sind vordere und hintere Ärmeleinsatzpunkte mit der gleichen Markierung gezeichnet, aber der Ärmel ist durchaus nicht ganz symmetrisch, sondern im Vorder- und Rückenärmel verschieden, man darf die Ärmel also nur in einer Richtung einsetzen. Eine Markierung mit einem Doppelstrich am hinteren Ärmeleinsatzpunkt würde hier Klarheit schaffen.
Das Einfügen des elastischen Bündchens an den Webstoff gelingt wirklich problemlos, wobei sich bei mir dann doch einige Fältchen bildeten, die ich nicht wegbügeln konnte. Besser wäre es gewesen, die Ausschnittkante des doch recht weichen Webstoffes mit einer Einlage zu stabilisieren, so meine Erkenntnis nach dem Nähen. In der Anleitung findet sich darauf kein Hinweis, obwohl die Stoffempfehlung leichte und „midweight“ Stoffe empfiehlt.
Ja, mein Stoff…das ist auch eine interessante Angelegenheit. Es handelt sich um einen Viscosetwill von Mindthemaker, gekauft hatte ich ihn im Herbst 2019. Ich weiß noch genau, wie scharf ich auf diesen Stoff war, weil ich ihn auf vielen Bildern so schön fand. Es ist ja auch ein schöner Stoff, mit diesen rostroten Blüten auf dem grünen Untergrund. Aber in echt hat der Stoff irgendeinen düsteren Anklang, der mich lange von der Verarbeitung abgehalten hat. Dazu kommt, daß er nicht durchgefärbt ist, also eine weiße linke Seite hat, dadurch wirkt er deutlich billiger als er war. Ich habe ihn oft in der Hand gehabt, für ein Kleid, einen Rock in der engeren Wahl gehabt, aber konnte mich dazu nicht entscheiden. Jetzt wurde er verarbeitet, da Mind the Maker so schöne passende Bündchen dazu angeboten hatte. Ganz identisch war der Farbton des flaschengrünen Bündchens dann doch nicht, aber das kann man auch nicht erwarten bei so unterschiedlichen Stoffen. Auf den Bildern kommt es nicht so ganz raus, aber die Grüntöne sind eine Farbfamilie und beißen sich nicht.
Ich hatte mir einiges erwartet von diesem Schnitt, der auch in den sozialen Medien mit schönen Designbeispielen gezeigt wird. Ich hatte irgendeine ideale Mischung der verschiedenen Stoffarten mir vorgestellt, sozusagen das Beste aus zwei Welten verein…die Sportlichkeit eines Sweatshirts kombiniert mit der Eleganz einer Bluse, das war so mein Wunschtraum.
Träume gehen nicht immer in Erfüllung, und so finde ich das Gesamtergebnis ganz ok- ein Lieblingsstück wird der Sweater wohl nicht bei mir. Am meisten stört mich das Gefühl beim Anziehen- ich erwarte, ein Sweatshirt anzuziehen, und dann kommt nur dieses luftige Viskose-Feeling, das überhaupt nicht wärmt- das paßt in meiner Wahrnehmung nicht zusammen. Ich muß bei den derzeitigen Temperaturen immer eine Jacke darüber tragen. Das ist ja nicht schlimm, aber dann könnte ich auch gleich eine Bluse anziehen, die wäre dann zumindest schicker. Und die Kombination des Viskosewebstoffes mit dem Baumwollbündchen ist in meinen Augen zumindest ungewohnt…vielleicht ändert sich das noch mit längerer Tragezeit.
Die Hose, die ich dazu trage, hat aber absolut das Potential zu einem Lieblingsteil. Es handelt sich um die Sasha Trousers von Closetcore, die ich hier schon mal gezeigt habe. Die Sasha- Hose ist eine Chino aus einem dehnbaren Stoff- aus einem sehr dehnbaren Stoff, Dehnbarkeiten von 20% werden hier verlangt. Das schaffen nicht viele Hosenstoffe, in diesem Fall war es ein Stretchcord von metermeter, der so schön elastisch war und förmlich nach diesem Schnitt verlangte.
Wie immer bei meinen Hosen ist die Innenansicht spektakulärer als die Außenansicht:
Die Hose Sasha ist dank der guten Anleitung von Closetcore nicht schwer zu nähen. Ich habe die Anpassung meiner ersten Sasha übernommen, damit sitzt die neue Hose jetzt eher „knackig“. Bei längerem Tragen wie bei einer Wanderung kam mir der Gedanke, daß 0,5 cm mehr in der Schrittlänge vielleicht gut gewesen wären…andererseits ist meine Erfahrung mit Hosen aus dehnbaren Stoffen, daß sie mit der Tragedauer alle deutlich weiter werden. Ich denke, das ist das Elasthan, das mit der Zeit seine Funktion einbußt. Mit „Zeit “ meine ich jetzt wirklich viele Monate- meine erste Sasha habe ich im April 2019 genäht, viel getragen und natürlich auch viel gewaschen. Jetzt sitzt Sasha die erste sehr, sehr locker, genau wie meine Pinda-Jeans, die meine absolute Lieblings-Bequemjeans ist. Es stört mich überhaupt nicht, daß diese Hosen nicht mehr so eng sitzten, sie haben irgendwie über das Tragen eine Form angenommen, in der ich mich sehr wohl fühle. Das ist ja das Schöne an diesen viel getragenen Hosen- man gewöhnt sich aneinander, vielleicht wie in einer langjährigen Ehe.
Also, eine Hose mit Potential zum Lieblingsteil, und ein Sweatshirt mit eher experimentellem Charakter, so konnte ich die Wanderung an diesem schönen Vorfrühlingstag geniessen!
Im letzten Jahr hatte ich mir einen Jeansrock nach eigenem Schnitt genäht, der ziemlich misslungen war…zu wenig passten Schnitt, Anpassungen und Stoff zusammen. Der Stoff war zu dehnbar, der Bund leierte hoffnungslos aus und ich hatte ihn auch zu eng um die Hüfte angepaßt. Im Nachhinein hat mich das doch sehr geärgert, denn ich hatte natürlich viel Mühe in diesen Schnitt gesteckt. Einen Schnitt selbst konstruieren, das sagt sich immer so einfach. Ist ja auch einfach, von der Theorie her. Ein Rock-Grundschnitt ist relativ überschaubar aufgebaut, und Variationen wie Passe oder Taschen eigentlich nicht schwierig. Aber leider muß dafür erstmal der Schnitt kopiert werden, ausgeschnitten, Teile angeklebt, durchgeschnitten- wie man das halt so macht, wenn man kein Schnitterstellungsprogramm hat und alles mit der Hand machen muß.
Deshalb bin ich sehr froh, daß ich mir und meinem Schnitt noch eine weitere Chance gegeben habe, diesmal aus einem stabilen Breitkord von Seeyouatsix genäht. Der Breitcord ist ein sehr breiter, jede Rippe hat eine Breite von 1cm, war aber (bis auf das obligatorische Cordfusseln) sehr gut zu verarbeiten.
Der Schnitt ist wie ein Jeansrockschnitt, also mit rückwärtiger Passe und einem Hosenreißverschluss in der vorderen Mitte. Bei diesen Schnittbestandteilen bediene ich mich immer gerne bei Closetcorepatterns- die Anleitung für den Reissverschluss stammt von den Sasha Trousers, die rückwärtigen Taschen hatte ich von der Morgan Jeans genommen. Es geht doch nichts über eine reichhaltige Bibliothek von bewährten Hosenschnittmustern!
Die vorderen Taschen sind über den Bund hochgezogen und formen so eine Gürtelschlaufe, das hatte ich mir bei einem Kaufrock abgeschaut. Die Taschen sind innen mit Viskose gefüttert, ich hatte Bedenken, daß die doppelten Cordlagen sonst zu sehr auftragen. Die Taschen sind vielleicht etwas zu klein, trotzdem aber so , daß ich immer gerne meine Hände darin versenke, wie man auf den Bildern sieht.
Hinten hat der Rock einen kleinen verdecken Schlitz, um das Laufen zu erleichtern. Der Rock ist gut knielang, er ist zwar seitlich jeweils 3 cm ausgestellt, aber die Saumweite wäre trotzdem nicht komfortabel für größere Schritte. Die Anleitung für einen verdeckten Rockschlitz habe ich aus einem meiner Lieblingsbücher entnommen:
Und auch das Innenleben eines Rockes hat ja ein Recht auf schöne Gestaltung, hier fand ein vorgefertigtes Schrägband von Atelier Brunette seinen Platz.
Der Rockbund ist ein Formbund, also aus den obersten 4 cm des Rockgrundschnittes entstanden. Die runde Form, die sich daraus ergibt, finde ich immer noch abenteuerlich, vor allem wenn man sie aus einem Stoff mit einem so sichtbaren Fadenlauf zuschneidet wie es mein Breitkord war. Natürlich wollte ich die vordere Mitte im Fadenlauf zuschneiden, aber dann wird die hintere Mitte zum 45°-Fadenlauf- aber so sitzt der Bund gut, finde ich. Man hätte natürlich auch den Bund aus kleineren Teilen zuschneiden können, aber ich wollte nicht so viele vielleicht knubbelige Nähte im Bund haben. Ich hatte beide Bundteile mit stabiler Einlage verstärkt, bis jetzt behält er schön seine Form und Weite.
Die Bluse, die ich zum Rock trage, ist eine Normabluse von Fibremood, Insider haben den Schnitt sicher längst erkannt. Oder auch nicht, denn es gibt mittlerweile viele ähnliche Schnitte auf dem Schnittmustermarkt, so daß ich da auch schon den Überblick verloren habe. Dies ist jedenfalls der Fibremood-Schnitt, nicht mehr ganz im Original, da ich mir auch da nicht die Bastelei verkneifen konnte.
Die Fibremood macht ihre Schnitte gerne mal ohne Brustabnäher, vielleicht damit sie einfacher zu nähen sind? Der Original-Normaschnitt hat mir ja auch gepaßt, aber bekanntlich ist das Bessere der Feind des Guten, und so habe ich in den Schnitt einen Brustabnäher konstruiert. Ich habe eine (kleine) FBA gemacht und dadurch den Brustumfang der Bluse um 3 cm erweitert. Es sind wirklich nur kleine Abnäher, die entstanden sind, aber ich bilde mir ein, daß sie jetzt besser sitzt. In dem gemusterten Stoff ist das allerdings nicht zu erkennen.
Ach ja, der Stoff…zu gerne hätte ich jetzt irgendeinen genialen literarischen oder thematischen Schnörkel eingefügt und erklärt, warum ein belgischer Stoff mit dem schönen Namen „Tropical Garden“ genau auf dieser schneebedeckten Wiese in Süddeutschland fotografiert werden musste…ist mir leider keiner eingefallen. Aber der Stoff ist einfach ein Traum, und ich finde ja eigentlich, daß die stilisierten Bäume und Pflanzen auf dunkelgrünem Untergrund durchaus in die Landschaft passen. Der Stoff ist übrigens bei allen mir bekannten Stoffdealern, die Seexouatsixstoffe führen, ausverkauft- offenbar bin ich nicht die einzige, die diesem Stoff sofort verfallen war.
Ich hatte den Ausschnitt der Bluse etwas verkleinert, da ich sie „wintertauglicher“ wollte, und die Ärmel verlängert. Die Ärmel könnten noch länger sein, da hatte ich nicht bedacht, daß die aufgeplusterte Form auch etwas von der Länge schluckt. So sind es jetzt 7/8 Ärmel statt 3/4 Ärmel.
Unter der Bluse einen Rolli, an den Beinen Thermo-Leggins, Wanderschuhe, aber da fehlt natürlich noch eine wärmende Schicht für die Schneewanderung, eine Jacke!
Die Jacke ist selbstgestrickt. Zu gerne würde ich ganz lässig sagen, ich hätte sie mal eben zwischen Weihnachten und Neujahr gestrickt, um mein Ensemble zu ergänzen- nein, weit gefehlt.
Diese Jacke hat mir meine Mutter gestrickt, vor vermutlich 35 ? Jahren. Meine Mutter war Jahrgang 1918, gestrickt hat sie die Jacke nach meiner Erinnerung in den frühen 80er Jahren. Warum sie mir die Jacke gestrickt hat, weiß ich nicht mehr ganz genau, denn zu der Zeit habe ich selbst viel gestrickt. Wenn ich es recht erinnere, hatte sie selbst eine ähnliche Jacke, die ich mir immer wieder ausgeliehen hatte. Meine Mutter, recht pragmatisch veranlagt, hatte dann das Problem so gelöst, daß sie mir auch ein Exemplar gestrickt hat. Die Jacke ist aus Alpaka-Wolle und aufwendig mit Zopfmuster in Vorder- und Rückenteilen gearbeitet.
Ich habe die Jacke natürlich aufgehoben, über viele Umzüge und Ausräumaktionen des Kleiderschrankes hinweg- so ein Teil entsorgt man nicht. Getragen habe ich sie tatsächlich nicht viel. Erstens ist die Wolle recht kratzig, und dann die Ärmel, die sind überweit, fast schon Statement-Ärmel, das war ja nun bis zum letzten Jahr nicht modern…aber jetzt sind sie es! Und ich war so froh, daß ich meine weiten Blusenärmel schön in diesen Jackenärmeln verstauen konnte und die Jacke jetzt in dieser Bilderstrecke einen würdigen Auftritt bekommt.
Von dem schönen Breitcord hatte ich noch ein großes Reststück. Das ist ja eigentlich kein Problem, so schöne Stoffe deponiere ich gerne in der Restekiste. Aber der Cord fusselte so furchtbar…da war es mir doch lieber, ihn bald zu verarbeiten. Und da mir eine Hülle für mein Laptop schon lang fehlte, war der Verwendungszweck bald klar. Zunächst hatte ich eine einfache Hülle geplant nach dem Motto quadratisch-praktisch-gut. Aber wie es halt so ist, man schaut dann doch mal im Internet, was so an Schnittmustern auf den einschlägigen Seiten angeboten wird. Vielleicht ein Fehler, aber so wanderte rasch das Schnittmuster Kuoria von Hansedelli zunächst in meinen Warenkorb und dann auf meine Festplatte eben diesen Laptops.
leider habe ich den gemusterten Stoff verkehrt herum eingenäht…die Bäume stehen jetzt auf dem Kopf!
Ich nähe ja immer wieder gerne auch mal Taschen, einfach auch deshalb, weil dann all diese komplizierten Fragen mit Paßform und Anprobe wegfallen. Und viele Taschenschnittmuster haben so hervorrragende Anleitungen, daß sie sich fast von alleine nähen. Und dann immer dieser witzige Moment, wenn man die Tasche final wendet und das Ergebnis vor sich sieht! Ja, ich nähe wirklich gerne Taschen mal zwischendurch, und auch dieses Exemplar mag ich gerne. Den bekannten grünen Breitkord habe ich wieder mit den Oriental Gardens kombiniert- natürlich nicht mit der Viskose, aber es gibt das Muster auch als Canvas, und den hatte ich in weiser Voraussicht auch gleich mitbestellt. Alle anderen Materialien für die Tasche hatte ich zum Glück im Vorrat: ein Restchen Kunstleder, Reißverschlüsse mit (fast) passenden Schiebern und für das Futter Leinen, das ich mit Soft und Stable gequiltet habe.
Mir fällt zwar keine Gelegenheit ein, wo ich mein Rock-Bluse-Ensemble zusammen mit dem Laptop ausführen könnte…aber egal, ich bin jetzt passend mit meinem digitalen Endgerät angezogen. Von dem stark fusselnden Cord ist übrigens immer noch ein Stück übrig, mal sehen, ob nicht noch ein Geldbeutel daraus entsteht!
Was sonst so in den letzten Wochen bei den Hobbynäherinnen entstanden ist, zeigt die Galerie des Memademittwochs- bitte hier entlang!
Das neue Jahr, das so angenehm leise begonnen hat, das wohl von uns allen ersehnte 2021, ist nun schon fast eine Woche alt. Auch ich möchte gerne ein Resumee ziehen über das vergangene Jahr: was habe ich genäht, was war toll, wie geht es weiter?
Heute ist der erste Mittwoch im Januar, der erste Mittwoch im neuen Jahr, und wie jedes Jahr stellt der Memademittwoch, unsere liebste (und mittlerweile fast einzige) Linkparty für die ambitionierte Hobbynäherin, die Frage nach dem Lieblingsteil 2020. Wie immer stöhne ich erstmal über diese Frage- wie soll ich mich für ein Teil entscheiden, wenn ich einiges genäht habe, was mir gut gefällt? Überhaupt ist mein Lieblingsteil immer das, was ich grade nähe oder, noch lieber, was ich nähen will. Die Liebe läßt dann im Lauf des Nähprozesses nach, manchmal sehr schnell, wenn schon das Zuschneiden ungeahnte Schwierigkeiten produziert, manchmal später, wenn die Nähfehler so sind, daß sie nicht mehr zu korrigieren sind.
Hemdblusenkleid, Schnitt von Inge Szoltysik-Sparrer
Auch Nina vom Blog vervliest und zugenäht stellt jedes Jahr im Januar die Frage nach den besten Kleidungsstücken des vergangenen Jahres. Bei ihr geht es allerdings um eine virtuelle Oscar-Verleihung, in der wir Genähtes mit einem Oscar in verschiedenen Kategorien auszeichnen können. Nun, mit virtuellen Dingen kennen wir uns ja mittlerweile alle gut aus- also auf zur Oscarverleihung!
Hemdblusenkleid, Schnitt von Inge Szoltisek-Sparrer
Dieses Kleid ist mein absolutes Lieblingsteil des letzten Jahres. Es entstand im Februar auf einem Nähcoaching-Wochende bei Inges Szoltysek-Sparrer und ist ein eigentlich schlichtes Hemdblusenkleid mit Prinzessnähten und zwei tiefen Kellerfalten im Rockvorderteil. Aber da die Passform so perfekt und die Ausführung (zumindest für mich) so gut ist, ist es für mich ein ganz besonderes Teil, das unbedingt den Oscar für den besten Hauptdarsteller verdient hat.
Und auch der Oscar für die beste Regie geht an dieses Kleid, denn eine bessere Anleitung als bei Inge kann ich mir nicht vorstellen. Wunderbar ist ja auch, daß ich die Techniken gelernt habe und nach diesem Wochenende auf einem deutlich höheren Level meiner Nähfertigkeiten war. Natürlich nähe ich zuhause nicht immer so ordentlich wie auf dem Kurs, ich denke, das muß ich auch gar nicht, ich bin ja Hobbynäherin und eben kein Profi. Aber zu wissen, wie es besser geht, ist immer gut. So zeichne ich mir jetzt fast immer die Nahtlinien ein, auch bei den Schnitten, die schon mit Nahtzugabe geliefert werden. So groß ist der Aufwand nicht, und es ist beim Nähen so eine Hilfe. Und auch die Sache mit den Handnähten erscheint nur auf den ersten Blick zeitaufwendiger- so viel schöner wird das Ergebnis, und die Zeit, die ich mit Handnähen verbringe, ist eine absolute „quality time“, wie man es auf Neudeutsch bezeichnen würde.
nie wieder ist mir später so ein perfekt eingesetzter Ärmel gelungen!
Ein schöner Nebeneffekt des Coachings war, daß Inge mir noch einen Maßschnitt für einen Oberkörperschnitt erstellt hat. Ich hatte ja auch schon selbstgezeichnete Oberkörperschnitte, aber der von Inge ist noch besser. So habe ich im Sommer zwei ärmellose Tops genäht, auch die wurden absolute Lieblingsteile. Den Oscar für die besten Nebendarsteller haben sie sich verdient!
Tops nach eigenem Schnitt
Das Nähcoaching bei Inge ist mir auch deshalb so gut in Erinnerung, da es das letzte Freizeitvergnügen war, das ich noch unbeschwert geniessen konnte. Das Coaching war im Februar, und Ende Februar tauchten in den Medien die Berichte über die ersten Coronafälle in Heinsberg auf. Im März befand sich Deutschland im ersten Lockdown.
Eigentlich wollte ich das Wort mit dem großen C gar nicht in diesem Blogbeitrag erwähnen. Das Thema ist einfach zu komplex, um es auch nur anzureissen, und außerdem hat es mit meiner Näherei nicht so viel zu tun.
Nicht so viel heißt, daß ich meine Nählust durchaus nicht verloren habe, sondern eher noch besser ausleben konnte. Im Mai hatte ich mal 14 Tage in Quarantäne zuhause verbracht, die habe ich fast durchweg an der Nähmaschine verbracht. Was machen eigentlich die armen Menschen, die in Quarantäne sind und keine Nähmaschine haben? Genäht habe ich dieses Jahr also viel, in Zahlen: 6 Sweatshirts, 7 Röcke, 9 T-Shirts, 5 Blusen, 7 Kleider, 2 Rucksäcke, 3 Hosen, 2 ärmellose Tops und 1 Jacke. Im Vergleich zum letzten Jahr sticht vor allem die große Anzahl von Sweatshirts und Röcken heraus. Und das ist auch so eine Kombination, die ich im Alltag gerne trage, oder eben Rock und Bluse.
Sheridan Sweatshirt von HeyJune
Den Sheridan Sweater von Hey June habe ich einige Male genäht, ein schöner schlichter Sweatshirt-Schnitt mit etwas erweiterten Ärmeln, die nicht so weit sind, daß sie als Statement-Ärmel gelten können, aber doch gerade so weit, daß der Sweater etwas moderner wirkt. Und als Basis -T-Shirt-Schnitt hat sich dieses Jahr ein anderer HeyJune-Schnitt heraus kristallisiert, nämlich das St Union Tee. Davon habe ich dieses Jahr insgesamt 5 Stück genäht, in verschiedenen Fassungen. Der Schnitt ist so basic, daß es davon kaum Fotos gibt, aber auf diesem Outfit ist er zumindest mal abgebildet.
HeyJune St Union Tee
Diese beiden Schnitten von HeyJune, der Sheridan Sweater und das St Union Tee, teilen sich dieses Jahr der Oscar für den besten Schnitt. Es sind beides wunderbar solide Schnitte, gut designt mit vielen Variationen und bei mir oft genäht.
Rucksack Arc von machwerk
Nicht nur Kleidung entstand letztes Jahr an meiner Nähmaschine, sondern auch Rucksäcke…und hier kann ich voller Freude den Oscar für das beste Drehbuch an Frau Machwerk übergeben, die diesen tollen Rucksack entworfen hat. Ich bin keine so geübte Taschennäherin, und das mir dieses Meisterstück gelungen ist, lag einzig und alleine an der guten Anleitung.
Die Frage mit dem Ehrenoscar, der für das beste für andere genähte Kleidungsstück vergeben wird, ist dieses Jahr ganz einfach: die schönste Unterhose, die ich jemals genäht habe, ist diese Boxershorts für meinen Mann aus einem Atelier Brunette Stoff.
Den Oscar für die beste Kamera bekommt mein Mann, da er immer so schöne Bilder von mir in den genähten Kleidungsstücken macht. Da wir das immer mit Wanderungen oder anderen Outdoor-Aktivitäten verbinden, ist mein Blog auch zu einem Wandertagebuch geworden. Oft fällt uns bei einer Wanderung ein, was wir an einer bestimmten Stelle schon mal fotografiert haben. Und wenn ich mir manche Blogbilder anschaue, ist die Atmosphäre an einem bestimmten Ort an der Wanderung wieder präsent. So erinnere ich mich gerne an diese Wanderung im Spessart, an der wir das Elodie-Kleid von Closetcore fotografiert haben. Ein windiger, aber milder Spätsommertag- so ein Genuss, auf dieser Hochebene zu stehen in meinem neuen Kleid!
Elodie von Closet Core
Ein Oscar für die besten visuellen Effekte? hmm, vielleicht diese Aufnahmen vom Sweatshirt Erin in den schneebedeckten Hängen des Kleinwalsertales?
Fibremood Erin
Der Oskar für die beste Maske hat ja dieses Jahr eine besondere Bedeutung bekommen. Natürlich habe ich Masken genäht, viele Masken für mich und andere. Meistens habe ich sie nach dem Schnittmuster von Inge genäht, aus naheliegenden Gründen. Es ist ja auch ganz witzig, wenn man die Maske passend zum Kleid oder zur Bluse hat. Interessant immer die Reaktionen der Umwelt, soweit man denn soziale Kontakte in dieser Zeit hatt: eine kurze Überraschung, dann meistens die Frage, ob Maske und Bluse zusammen gekauft wurden…und dann natürlich mein grosser Augenblick, wo ich mich als Schöpferin sowohl des Kleidungsstückes als auch der Maske zu erkennen gebe.
Seamwork Bertie mit passender Maske
Ist ja alles ganz nett, aber tatsächlich ist es bei mir so, daß ich (beruflich trage ich den ganzen Tag eine Maske, keine Chance zum Home-Office!) am besten mit den Einmal-Chirurgischen Masken zurecht komme. Die Stoffmasken sind leider alle so dicht, daß ich dadurch schlecht Luft bekomme, das spricht vielleicht für meine gute Stoffqualität, ist aber mit meiner Lebensqualität eher weniger vereinbar. Meine Lebensqualität hat übrigens einen gewaltigen Auftrieb bekommen, als ich einen gut passenden Abstandshalter für die Masken entdeckt habe- es ist schon angenehm, wenn man beim Sprechen nicht mehr ständig die Maske in den Mund bekommt.
Rock selbstkonstuiert
Und dann gibt es ja auch noch die Goldene Himbeere, sozusagen den Anti-Oscar…der geht dieses Jahr eindeutig an diesen Rock. Die Auszeichnung vergebe ich deshalb so gerne, weil ich den Schnitt selbst konstruiert habe. Der Schnitt war ja auch gar nicht so verkehrt, aber ich habe einen denkbar ungünstigen Stoff gewählt: einen Elastik-Jeansstoff mit einer Dehnbarkeit von mindestens 10%, also fast wie ein Sweatstoff. Ich habe den Rock entsprechend eng gemacht- zu eng, er hat eine Bequemlichkeitszugabe von knapp 4 cm im Hüftbereich. Das könnte für eine enge Hose ganz gut sein, für einen Rock ist es definitiv zu wenig. Und der Bund leiert gnadenlos aus, trotz entsprechender Verstärkung mit Einlage. Ich hatte mittlerweile versucht, mit Gürtelschlaufen und eingezogenem Gummiband den Bund zu retten, das hat dem Rock auch nicht gut getan. Ich denke, ich werde ihn entsorgen. Aber der Schnitt an sich ist schön, und so war mein erstes Nähwerk 2021 ein Rock nach eben diesem Schnitt. Diesmal aus einem stabilen Breitcord und mit den korrekten Bequemlichkeitszugaben. Bilder folgen, demnächst in diesem Theater!
Ich freue mich auf ein wunderbares Nähjahr 2021, auf hoffentlich etwas mehr Gelegenheiten, die selbstgenähten Kleidungsstücke zu tragen, und vor allem auf den lebhaften Austausch mit meinen Leserinnen und Lesern!
Mein Weihnachtskleid ist pünktlich fertig geworden, und dazu habe ich auch noch ein passendes Jäckchen und ein Unterzieh-Shirt aus Wolle genäht. Ja, nennt mich ruhig einen Streber, aber ich bin mit meinem Ensemble sehr zufrieden, denn ohne wärmendes Obendrüber (bzw Untendrunter) wäre so ein Viskosekleidchen doch zu luftig.
Genäht habe ich das Kleid Feliz aus der aktuellen FibreMood, über die Einzelheiten von Stoffwahl und Erfahrungen beim Nähen habe ich hier berichtet. Ich habe den Schnitt in Gr 38 genäht, bis auf eine Kürzung der Rocklänge um 10 cm habe ich nichts am Schnitt geändert. Die Passform des Kleides ist akzeptabel oder überraschend gut, je nach Sichtweise. Über der Brust bilden sich Querfalten, wenn ich die oberen Knöpfe zumache, aber da ich das nicht vorhabe, stört es mich erst mal nicht. Im Nachhinein muß ich sagen, daß ich wohl doch besser ein full-bust-adjustment gemacht hätte, dabei einen Abnäher eingefügt, dann wäre der Sitz noch besser.
Die Schnitte in der FibreMood scheinen jetzt eine etwas geringere Bequemlichkeitszugabe zu haben als die der ersten Ausgaben, im Fall von Feliz sind es 10 cm im Brustumfang, das finde ich eigentlich ganz normal für einen Oberkörperschnitt. Interessant ist ja, daß viele Schnitte der Fibremood ohne Abnäher daherkommen. Ist das modern zur Zeit, soll vielleicht einen etwas kastigen Look kreieren?
Aber kastig ist an Feliz sonst nichts, denn der eingekrauste Rock und auch die mit Schlaufen hochgeschoppten Ärmel geben eher eine weiche Silhouette.
Ein sehr schönes Detail, das auf meinen Bildern in dem dunklen Stoff leider kaum zu sehen ist, ist die geschwungene Passe im Rückenteil. Ich habe die Passe übrigens gedoppelt, um eine schönere Innenansicht zu erreichen. Und ich denke auch, etwas mehr Stabilität im Schulterbereich kann bei so einem dünnen Viskosestoff nicht schaden.
Genial sind auch die Taschen, denn die sind wirklich sehr groß. Deshalb gibt es auch fast kein Bild, wo ich nicht die Hände in der Tasche habe!
Das Kleid ist dünn und wärmt nicht, mir war schon klar, daß es ein passendes Darüber benötigt. Ich hatte eine Weile mit vorhanden Jacken und Pullis experimentiert und dann gemerkt, wie die ideale Jacke zu Feliz aussehen müsste: mit V-Ausschnitt, taillenkurz und möglichst weiten Ärmeln. Diesen Schnitt gab es beim französichen Label ReadytoSew, nämlich den Jamie-Cardigan.
Ich kenne natürlich nicht alle Modelle sämtlicher Indie-Schnittmusterdesigner, aber das ist so der Bereich, wo ich mich beim Surfen im Internet gerne aufhalte. Manche Schnitte begegnen mir dann immer wieder, und so war es im Fall von Jamie auch. Ich wußte, daß es diesen Schnitt bei ReadytoSew gab, und so war die Wahl nicht schwer. Ganz einfach war die Wahl des Stoffes, als eine Stoffprobe dieses altrosa Sweatstoffes auf meinem Kleid lag- das paßte farblich so perfekt, manche Kombinationen sind eindeutig.
Jamie ist ein eher leger geschnittener Cardigan mit weit überschnittenen Schultern. Es gibt auch noch eine hüftlange Version, bei den Ärmeln kann man zwischen dreiviertellang und „normal lang“ wählen.
Mein Sweatshirtstoff enthält kein Elasthan, deshalb knittert er auch ganz ordentlich, was mich aber bei diesem legeren Modell nicht stört. Er hat eine mässige Dehnbarkeit und eine noch mäßigere Rücksprungkraft- ist dafür aber unvergleichlich kuschelig! Zum Glück gibt es passende Bündchenstoffe, sonst wäre dieser Stoff schwierig zu verarbeiten, denke ich . Und um das Glück vollkommen zu machen, gibt es sogar farblich passende Corozo-Knöpfe.
Ich schwärme deshalb so von dieser Jacke, weil sie sich rasch zu einem Star in meinem Kleiderschrank entwickelt hat…ehrlich gesagt habe ich sie fast jeden Tag an, seit ich sie fertig gestellt habe. Sie paßt aber auch zu allem , zu Jeans, zu Röcken, über Kleider…auch bei meinem wöchentlichen Pilates-Training (natürlich online, was sonst…) habe ich sie über der Fitness- Kleidung getragen, bis sie mir zu warm wurde.
Und untendrunter gibt es auch was Warmes, nämlich ein Shirt aus einem Wolljersey. Der Schnitt ist mein derzeitiger Standard-Schnitt für Shirts, nämlich das St. Union Tee von HeyJune. Auch das ist so ein Teil geworden, was ich freiwillig nicht mehr ausziehe…
Vielmehr kann ich über mein Weihnachtskleid nicht schreiben. Für mich war der WKSA dieses Jahr eine sehr entspannte Angelegenheit, ohne große Überraschungen und mit vielen positiven Näherlebnissen. Aber das war vermutlich genau das, was ich in dieser eigenartigen Zeit gebraucht hatte.
Mit diesen Impressionen, unverhoffte Sonnenstrahlen auf einem Aussichtspunkt im Kraichgau, möchte ich diesen letzten Blogbeitrag im Jahr 2020 schliessen. Danke fürs Lesen, fürs Kommentieren, Diskutieren…diese Interaktion ist für mich unglaublich wichtig geworden. Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern wunderschöne und entspannte Weihnachtstage und einen guten Start ins neue Jahr!
Alle anderen Weihnachtskleider finden sich auf dem Blog des Memademittwoch, bitte einmal hier entlang!
Auch in diesem Jahr schreitet die Vorweihnachtszeit voran, und so macht auch mein Weihnachtskleid Fortschritte.
Ich nähe das Kleid Feliz aus der aktuellen Fibremood, eine spontane Entscheidung, die bei dem ersten Anblick der Zeitschrift getroffen wurde.
Spontane Entscheidungen müssen nicht schlecht sein, und auch bei der Stoffwahl ist eine rasche Entscheidung oft goldrichtig. In diesem Fall war es die Entscheidung für den Stoff, aus dem auch im Heft ein Beispiel genäht worden war. Ich habe ja immer noch das Gefühl, ich müßte mich für diese Stoffwahl entschuldigen, weil es so phantasielos ist….andererseits hat es seinen Grund, daß die Zeitschriften wie FibreMood ihre Stoffe immer auch direkt anbieten. Wahrscheinlich wählen auch viele andere Näherinnen diesen Weg, der zugegeben sehr einfach ist- ich mußte meine Phantasie nicht strapazieren, mir das fertige Kleid vorzustellen, das gab es schon als Bild.
Egal wie, ich mag meinen Stoff, eine wirklich schöne Viskose in guter Qualität, natürlich durchgefärbt. Nichts schlimmeres, als wenn ein dunkler Stoff eine helle Rückseite hat! Bei der französischen Firma Cousette läßt es sich problemlos direkt bestellen. Ich hatte passende Knöpfe mitbestellt, mich aber nachher doch für eine andere Version entschieden, dazu später mehr.
Das Nähen beginnt ja immer mit dem Zuschneiden, oder in diesem Fall mit dem Kopieren des Schnittes aus der Zeitschrift. Und hier möchte ich der Fibre Mood mal ein großes Lob aussprechen: das Kopieren klappt wirklich problemlos, besser als bei den meisten anderen Schnittmusterbögen. Nach meinem Eindruck sind die Bögen nicht so dicht bedruckt , und es gibt auch eine Übersicht, wo auf welchem Bogen das Schnitteil zu finden ist. Es ist jedenfalls mir mit meinen altersbedingt nicht mehr so super guten Augen gelungen, auch bei Lampenlicht den Schnitt zu kopieren, das finde ich beachtlich.
Die Nähanleitung braucht man für diesen Schnitt nicht wirklich, es ist ja ein sehr simpler Schnitt. Ich habe mich um eine schöne Verarbeitung bemüht, dieser Punkt kommt bei den Fibremood-Anleitungen nicht so wirklich vor, ist mein Eindruck. Die Ärmel des Kleides sollen ja hochgekrempelt werden- da braucht man doch eine ansehliche Versäuberung der Ärmelnaht, ich habe sie französisch gemacht. Die wunderschöne geschwungene Passe im Rückenteil muß doch unbedingt gedoppelt genäht werden- hier wäre eine versäuberte Naht im Rückenteil so hässlich! Und so gab es einige Stellen im Nähprozess, die ich mit wesentlich mehr Zeit und Aufmerksamkeit genäht habe, als es die Anleitung vorgibt. Sicher muß das jeder für sich entscheiden, aber ich liebe dieses sorgsame Nähen mittlerweile.
So war es eigentlich ein schönes und entspanntes Nähen, es gab lediglich zwei Punkte, die mich aus meinem Näh-Flow zumindest kurzfristig gerissen hatten.
Der eine Punkt ist die Form des Halsausschnittes. Mir war schon klar, dass Feliz eher hochgeschlossen daher kommt, mit einem recht halsnahen runden Ausschnitt. Ich hatte da erst Bedenken, da ich weiß, daß mir so hohe Ausschnitte oft nicht stehen. Ich hatte das Schnittteil ausgemessen, mir angehalten und dann entschieden, es so zu lassen. Als dann der Kragen, ein sehr schmaler Stehkragen, angenäht und die erste Anprobe war, war ich dann doch etwas enttäuscht…kurz hatte ich überlegt, den Ausschnitt und den Kragen noch zu ändern. Aber so eine Änderung am fertigen Oberteil ist natürlich ein gewaltiger Eingriff und kann eigentlich nicht gut gehen.
Als dann der Rock angenäht war, fand ich den Gesamteindruck wieder sehr stimmig. Wobei sich dann das Problem zwei auftrat: das Kleid ist schon sehr lang. Das ist so gedacht, es ist ein Midi-Kleid. Trotzdem muß ich es ja irgendwie tragen können, ohne mich gleich verkleidet zu fühlen wie in ein Kostüm aus dem 18. Jahrhundert. Ich habe jetzt den Rock mal ca 10cm kürzer abgesteckt, gefällt mir gleich viel besser.
Die schönen Knöpfe sind wieder mal Corozo-Knöpfe, die ich von HelloHeidi bezogen habe. Seit ich diese Knöpfe entdeckt habe, bin ich für Plastikknöpfe nicht mehr zu haben. Ich hatte mir bei Cousette auch Knöpe in anthrazit mitgestellt, auch Corozo, aber ich fand dann diese altrosafarbenen Knöpfe viel schöner.
Und dann fehlen natürlich noch die wärmenden Schichten, die so ein Viskose-Kleidchen für den rauhen Dezember tauglich machen. Geplant ist noch eine Jacke, den passenden Sweatshirt-Stoff habe ich hier schon mal in der Stoffprobe dazu gelegt. Wahrscheinlich wird es diese Jacke:
Quelle: ReadytoSew
Dann fehlt noch ein wärmendes Untendrunter, ich dachte da an ein Shirt aus Merinowolljersey. Dazu eine dicke Strumpfhose, darüber vielleicht noch Thermo-Leggins- dann müßte ich mit meinem Kleid auch bei tiefen Temperaturen glücklich sein!
Alle anderen Fortschritte bei den Weihnachtskleidern finden sich auf dem Memademittwochblog. Ich bin wieder mal spät mit meiner Verlinkung dran, aber besser spät als nie…
Die Culotte, der Hosenrock, ist aus der Modewelt der letzten Jahre nicht mehr weg zu denken. Ob jetzt Culotte und Hosenrock das gleiche ist, sei mal dahin gestellt. Tatsache ist, daß mir diese überweiten, wadenlangen Hosen unglaublich gut gefallen. Ich finde, so ein Hosenrock vereint das Beste aus den beiden Welten Rock und Hose: vom Rock das elegante und feminine Aussehen, von der Hose die unbestreitbare Bequemlichkeit, die so zwei Hosenbeine nun mal bieten.
Eigentlich überraschend, daß ich bisher nur einen einzigen Hosenrock genäht habe. Der ist nach einem selbstkonstruierten Schnitt und wird sehr gerne getragen. Immer schon hatte ich mir überlegt, noch mal einen Hosenrock zu nähen, gerne als Variation dieses Schnittes, vielleicht mit eingefügten Falten…aber wie es so oft bei Näh-Ideen ist, blieben diese Pläne in einer gedanklichen Schublade liegen und wurden nicht umgesetzt.
Aber als dann in der neuen Fibre Mood dieser Schnitt für eine Culotte war, wußte ich sofort, daß ich dieses Teil wollte, das sollte mein neuer Hosenrock werden.
Der Schnitt von Bea ist eigentlich sehr einfach, wie oft in der Fibremood. Ich denke, das ist eines der Geheimnisse der belgischen Schnittmuster-Zeitschrift, die viele von uns begeistert. Die Schnittdesingerinnen schaffen es, einen schlichten Schnitt durch kleine Variationen so zu verändern, daß das Kleidungsstück absolut modern und modisch ist. Dazu kommt natürlich diese professionellen Präsentation in der Zeitschrift und in den Medien, das ist schon bewundernswert.
Quelle: Fibremood
Also: ein schlichter Hosenrockschnitt, zwei genähte Falten im Vorderteil und Abnäher im Rückenteil, dazu Taschen in den Seitennähten. Das einzig Besondere an Bea ist der Verschlußmechanismus, da der Rock über die Taschen geöffnet wird. Dieses Prinzip kennen wir schon von den Flint Pants von Megan Nielsen, ist also auch nichts neues. Bei der Schnittbeschreibung von Bea wird dieser Verschlußmechanismus als Vereinfachung angepriesen, da man keinen Reißverschluß einnähen müsse…ich glaube, das ist Ansichtssache. Ich persönlich habe überhaupt keine Probleme damit, einen Reißverschluß irgendwo einzunähen, ich finde das nicht so schwierig. Aber Knopflöcher, insbesondere wenn sie an so exponierter Stelle liegen wie an dem Bund von Bea, der zu einer Spitze ausgezogen ist, das finde ich schwierig. Das Knopflochproblem hat mich eine ganze Weile aufgehalten und geärgert, im Nachhinein muß ich sagen, das war auch die einzige Schwierigkeit im ganzen Nähprozess.
Aber von vorne: die Entscheidung für einen Stoff war nicht schwierig, da ich einen wunderschönen Karostoff in meinem Stoff-Vorrat hatte. Diesen Karostoff hatte ich immer wieder mal aus dem Stoffstapel gezogen und an mir drapiert, auch für mein Weihnachtskleid war er in der engeren Wahl. Ich fand die Farben sehr gut für mich, aber beim Drapieren fiel mir immer auf, daß das blau zu dunkel für mich ist, um es am Oberkörper und damit in Gesichtsnähe zu tragen. Die Kombination eines Stoffes mit einem Schnitt ist für mich eine der spannendsten Abschnitte im Nähprozess. Manchmal ist es sofort klar, manchmal dauert es eine Weile, aber immer ist es für mich ein erhebendes Gefühl beim Zuschneiden, wenn ich mir sicher bin, daß dieser Stoff mit diesem Schnitt seine Bestimmung gefunden hat.
Da es sich um einen Karostoff handelt, blieb das erhebende Gefühl beim diesem Zuschneiden logischerweise nicht lange. Ich versuche ja immer, den Karozuschnitt als intellektuelle Herausforderung anzusehen. Das gelingt mir am Anfang des Zuschneidens oft noch gut. Ich wende alle mir bekannten Tricks an: Markierungen im Schnittmuster, wo die Karos unbedingt passen müssen, einlagiges Zuschneiden oder akribisches Festtackern der Karolienien beim doppelagigen Zuschneiden. Also ich gebe mir schon Mühe, bis…ja, bis ich irgendwann merke, das klappt so nicht. Sei es, daß der Stoff sich verschoben hat, sei es, daß meine Markierungen nicht stimmen oder ich einfach ungenau gearbeitet habe, irgendwann paßt es nicht mehr. Zum Glück kann ich dann recht unkompliziert in einen großzügigen Arbeitsmodus umschalten, frei nach dem Motto: besser als bei den gekauften Klamotten ist es allemal, und wen es stört, der soll woanders hinschauen!
Im Fall von Bea war mein großer Fehler, daß ich eine Karoanpassung bei den Nahttaschen überhaupt nicht in Betracht gezogen hatte. Ja, Bea hat Nahttaschen in der Seitennaht, und die Seitennaht ist gerade, wie auch aus der Schnittzeichnung erkennbar. Normalerweise wäre der Innenstoff einer Nahttasche kaum erkennbar, deshalb hatte ich mich hier gar nicht um Musteranpassungen bemüht, zumal ich auch nicht mehr viel Stoff übrig hatte. Im fertigen Teil erscheint diese Tasche allerdings als gebogene Eingrifftasche, wie man sowohl bei den Modellen im Heft als auch bei mir erkennt, und damit ist natürlich auch das Muster der Innentasche erkennbar.
Quelle: Fibremood
Was passiert hier? Eigentlich nur das , was zu erwarten ist, wenn man sich den Schnitt genau anschaut. Der Schnitt hat in der Taille eine Bequemlichkeitszugabe von ganzen 0,25 cm, das ist nicht so viel- will heißen, der Rock sitzt einfach eng in der Taille. Ich habe übrigens Gr 36 genäht und zur Taille hin zu Gr 38 gradiert, über die Abnäher und den Falteninhalt. Die enganliegende Taille wird nur durch die Knöpfe im Bund gehalten, der Bereich darunter holt sich seine Weite, die er nun mal durch die Rundungen am Bauch braucht, wo er sie kriegen kann, in diesem Fall aus der Tasche- der Tascheneingriff klafft also weit auf.
Vom Schnitttechnischen her gesehen finde ich das etwas unorthodox, denn dadurch ist man natürlich von einer gerade verlaufenden Seitennaht weit entfernt. Aber davon abgesehen ist dieses Vorgehen absolut praktisch, denn so läßt sich über die Knopfposition die Paßform wunderbar anpassen und korrigieren. Also, Daumen hoch für unorthodoxe Lösungen- nur daß dann halt leider meine nicht vorhandene Kaoranpassung an dieser Stelle sehr sichtbar wird. Zum Glück habe ich ja auf fast allen Fotos die Hände in den Rocktaschen, dann fällt das vielleicht nicht so auf.
Jetzt komme ich nicht mehr herum, von meinem persönlichen Armageddon bei diesem Schnitt zu berichten, den Knopflöchern. Der vordere Bund von Bea ist in zierliche Spitzen ausgezogen, die ein Knopfloch beherbergen. Ich hatte die Schwierigkeit erst gar nicht wahrgenommen und nach einem Probeknopfloch fröhlich die Knopflochautomatik eingeschaltet. Das ging natürlich nicht, da die Automatik mit der Messung über die Kanten nicht funktionierte. Kein Problem, wozu hat man einen Höhenausgleich für den Knopflochfuß, da würde das schon gehen…weit gefehlt, wieder stoppte die Automatik nach der Hälfte. Beim dritten Versuch (wohlgemerkt, am Rock, also sozusagen am lebenden Objekt, immer nach dem Auftrennen der vorherigen Versuche..) war ich dann schon so klug, auf den manuellen Betrieb umzuschalten, schließlich kam es hier überhaupt nicht auf eine exakt gleiche Länge der beiden Knopflöcher am Bund an. Das ging dann gut, aber nach der Hälfte war die Unterfadenspule leer…
Zum Glück hatte mein Stoff eine so gute Qualität, daß er dies ganzen Näh- und Auftrennarbeiten recht unbeschadet überstanden hat. Ein Hoch auf eine gute Stoffqualität! Die Versäuberung des unteren Bundrandes steht übrigens nicht in der Anleitung, das sind dann so die persönlichen Kleinigkeiten, die ich gerne in ein Nähwerk einfliessen lasse.
Die Jacke, die ich auf den Bildern trage, ist auch selbstgestrickt, ich habe sie hier schon mal gezeigt, bei diesem Blogbeitrab verbirgt sie sich leider meistensunter dem Kelly-Anorak. Ich freue mich sehr, daß ich das Jäckchen nun mal in seiner ganzen Schönheit hier zeigen kann! Es handelt sich übrigens im ein Modell von Kim Hargreaves („Kitten“). Ich liebe es ja sehr, wenn ich selbst genähte Kleidungsstücke gut kombinieren kann. Bei meiner Lieblingsfarbe blau ist das zum Glück nicht so schwierig.
Auch wenn er farblich nicht so gut dazu paßt, muß hier auch noch mal mein neuer Lieblings-Rucksack gezeigt werden. Es ist der Rucksack Arc von Frau Machwerk, der mich jetzt schon bei einigen Wanderungen begleitet hat. Ich finde ihn immer noch wunderschön, und durch die Trägerpolster ist er auch ausgesprochen bequem. Und dafür, daß er nicht blau ist, dafür kann er ja auch nichts!
Jetzt bin ich mal gespannt, was der letzte Memademittwoch in diesem verrückten Jahr 2020 noch alles zeigt. Vielleicht noch andere Modelle aus der neuen Fibremood?