Blazer I am Patterns

Fullmoon-Blazer von I am Patterns- oder vom Blazer, der eigentlich eine Jeans werden sollte…

Kommentare 8

Selbstgenähte Kleidungsstücke haben immer eine interessante Vorgeschichte. Nicht nur, daß natürlich der Prozess des Nähens interessant ist, nein, auch schon vorher müssen ja Stoff und Schnitt ausgesucht werden. Und noch davor steht der Entscheidungsprozess, was denn nun eigentlich genäht werden soll. Ich denke, jeder oder jede, die viel näht, kennt dieses Dilemma. So viele Ideen, schöne Schnitt und bezaubernde Stoffe- ja, was nähe ich denn da als nächstes?

Und dieser Entscheidungsprozess geht manchmal sehr krumme Wege, um doch zu einem schönen Ergebnis zu führen. So ging es mir jedenfalls mit diesem Blazer in zartem Pastellrosa, der jetzt meine Frühlingsgarderobe bereichert.

Am Anfang war der Wunsch nach einer neuen Jeans.

Ich wußte genau, wie sie aussehen sollte. Ein legerer Schnitt, so etwas boyfriend-Mäßiges, eine schöne hellblaue Waschung, eine lockere Paßform, so daß ich die Hose auch zum Wandern oder Radfahren gut anziehen kann. Ich wußte das alles so genau, da diese Hose sich schon in meinem Besitz befand und ich sie auf den Bildern in diesem Beitrag trage.

Diese Hose hat aber einen großen, großen Fehler- sie ist nicht selbst genäht. Ja, es ist eine böse Kaufhose, irgendwann im letzten Jahr bestellt, durch Werbung beeinflußt…und ich liebe sie. Sie paßt mir nicht wirklich, aber bei einer Boyfriendhose ist das ja auch gar nicht erwünscht. Ich trage sie gerne und viel, aber mit zunehmend schlechten Gewissen. Das darf doch gar nicht sein, daß ich eine Kaufhose so toll finde! Geht doch sicher selbstgenäht viel besser, wenn ich so eine Hose nachnähe, mit besserer Paßform, das würde doch sicher ein Lieblingsstück werden…also ich brauchte eine neue Jeans.

Also machte ich mich auf der Suche nach einem entsprechenden Schnitt. Fündig wurde ich bei dem französischen Label I am Pattern. Hier gab es die Jeans I am Sunshine, die meinen Vorstellungen und meiner bösen Kaufhose ziemlich gut entsprachen.

Quelle: I am Sunshine von I am Patterns

Diese Hose wollte ich nähen, das würde so toll werden! Der Schnitt wurde gleich bestellt und auf die geduldige Festplatte geladen. Mitgeladen wurden auch zwei andere Schnitte des Labels, die es im Bündel günstig angeboten gab. Ein Schnitt für ein Sweatshirt oder eine Sweatjacke- kann man immer brauchen, und dann noch ein Jackenschnitt, eber dieser Fullmoon-Blazer. Die Jacke fand ich ganz witzig, ich mochte diesen langgezogenen Reverskragen, und im Bündel war das ganze wie gesagt günstiger.

Aber nähen wollte ich ja sofort die Hose. Leider fand ich aber keinen Stoff dafür. Jeansstoffe sind nicht so einfach zu bekommen, man muß da immer auf die richtige Gelegenheit warten, bis es die gewünschte Qualität in der gewünschten Farbe gibt. In diesem Fall hatte ich keine gute Stoffoption für die Jeans. Auf Sweatshirtnähen hatte ich grade keine Lust- so rückte der Blazer nach vorne in den Nähplänen. Denn für den hatte ich einen passenden Stoff gerade bekommen: einen zauberhaften blaßrosa Cordstoff von Atelier Brunette. Und da Atelier Brunette ja so viele Stoffe in der gleichen Farbrichtung anbietet, gab es auch einen passenden Futterstoff dazu. So stand der Plan für ein Nähprojekt fest: es sollte dieser rosafarbene Blazer werden.

Ich gebe ja zu, daß ich das ganze Projekt anfangs unterschätzt hatte. Ich hatte den Schnitt eher so als legere Übergangsjacke verstanden , und dieser tolle langgezogene Kragen hat es mir einfach angetan. Über die Paßform hatte ich mir keine großen Gedanken gemacht- ich hatte einige Maße am Schnitt kontrolliert und fand das ganze eher lässig sitzend, so war ja auch meine Erwartung an das fertige Teil. Wenn schon keine Boyfriend-Jeans, dann jedenfalls eine lässige Jacke!

Für mich war es der erste Schnitt von I am Patterns, den ich genäht habe. Ich bin insgesamt recht zufrieden mit Schnitt und Anleitung, es ist alles sehr professionell gemacht. Die Anleitung gibt es auf französisch und englisch, damit sollte jeder zurecht kommen. Der Futterschnitt wird nach Anleitung aus den Hauptteilen entwickelt, aber das ist genau beschrieben, um wieviel kürzer der Saum für das Futter sein soll und wo die Falte im Rückenteil sein soll. Ich kam damit gut zurecht, mir ist das lieber als drölfzig Teile für einen Extrafutterschnitt, der nachher vielleicht doch nicht paßt, weil man am Hauptteil Änderungen vorgenommen hat.

Die Innentasche ist glaube ich auf der verkehrten Seite ….

Der Cord von Atelier Brunette ist wirklich ein Traum. Er ist super zu verarbeiten, auch das übliche Cordfusseln ist hier wenig ausgeprägt. Der Futterstoff, eine Viskose, machte dafür ihrem Ruf als Flutschi-Viskose alle Ehre. Ich war ja schon froh, daß ich hier „nur“ ein Futter zuschneiden mußte und es vielleicht nicht ganz so auf den Millimeter ankam. Da die Viskose allerdings nur beim Nähen flutschig war und nicht beim Anziehen, habe ich den oberen Teil der Ärmel aus einem richtigen Viskosefutterstoff genäht. So ist das Gefühl beim Anziehen sehr angenehm, man rutscht schön in den Ärmel rein, und beim Umschlagen der Ärmel kommt trotzdem der hübsche gemusterte Stoff zum Vorschein.

Das Nähen war also ganz lustig, bis ich ans Ärmeleinsetzen kam…nachdem ich die Ärmel zum zweitenmal rausgetrennt hatte, weil sie nicht saßen, dämmerte es mir, daß ich hier doch mit einem richtigen Blazerschnitt zu tun hatte. Und so suchte ich zunächst aus meinem Vorrat die Schulterpolster raus und dann meine rudimentären Kenntnisse im Blazernähen, die ich mir beim Nähen des Jasika-Blazers von Closet Core erworben hatte. Mit Schulterpolstern saß die Jacke gleich um Klassen besser, und da waren dann ja auch noch diese netten Ärmelfischchen…schnell zugeschnitten aus Watteline, und dann war ich mit dem Sitz der Schultern doch etwas zufriedener.

Beim restlichen Nähprozess habe ich mich dann an die bewährte Anleitung von Closet Core gehalten. Insbesondere das Verstürzen des Futters, das überwiegend mit der Maschine gemacht wird, finde ich ausgesprochen lustig. So witzig, wie dann dann nach dem Wenden der schön gefütterte Blazer vor einem liegt! Das Anstaffieren mit der Hand wäre vielleicht korrekter, aber der Lustgewinn war so für mich größer. Wahrscheinlich gibt es immer verschiedene Wege , zum Ziel zu kommen.

Der Blazer ist sehr, sehr bequem. Er ist im Rücken eher lässig geschnitten, deshalb ist er auch für mich für alle möglichen Freizeitaktivitäten geeignet. Radfahren ist problemlos, Wanderen sowieso, wie hier gezeigt. Farbe und Material entsprechen vielleicht nicht ganz der üblichen Funktionskleidung, aber hej, wer hält sich mit solchen Kleinigkeiten auf, wenn ein rosafarbener Blazer in der Frühjahrssonne ausgeführt werden möchte?

Was mir nicht ganz so gut gefällt, ist meine Knopflösung. Ich hatte die Wahl zwischen 15 und 25 mm Knöpfen in der passenden Farbe und mich für die kleinere Version entschieden- das war keine gute Entscheidung, finde ich jetzt. Die größeren Knöpfe wären schöner, dann mit richtigen Paspelknopflöchern, das würde besser passen. Ich hatte auch schon die wahnwitzige Idee, das im nachhinein zu ändern…das Annähen von zwei neuen Knöpfen wäre natürlich nicht das Problem, aber Paspelknopflöcher im fertigen Kleidungsstück einnähen, das ist dann doch ein verwegener Gedanke. Ich habe ihn auch wieder verworfen und mich mittlerweile an die zu kleinen Knöpfe gewöhnt.

Ja, und die Jeans? Die sind immer noch in Planung, aber zunächst mußte ich einen anderen Hosenschnitt ausprobieren…mehr davon demnächst auf diesem Blog!

Verlinkt wird dieser Beitrag mit dem Blog Augensterns Welt – gerade habe ich entdeckt, daß Annette eine kleine, sehr feine Linkaktion dieses Jahr gestartet hat. Jeden Monat werden zu einem Thema selbstgenähte Kleidungsstücke gezeigt, und im März ist das Thema Jacke oder Blazer. Als ob ich es geahnt hätte und deshalb den Blazer genäht hatte! Ich finde es jedenfalls sehr interessant, bei dieser Linkaktion neue, mir völlig unbekannte Blogs kennen zu lernen. Die Nähwelt ist einfach vielfältig!

Bloggen Blusen Hey June Iris May Rock

Sandbridge-Skirt und Maybelle-Bluse

In den letzten Monaten habe ich immer wieder Kombinationen aus Rock und Bluse auf diesem Blog gezeigt. Diesem Muster bleibe ich treu, und so gibt es auch zum Memademittwoch im Februar wieder eine bewährte Kombination. Und damit es nicht ganz so langweilig wird, hier auch noch mit einer neuen Tasche kombiniert!

Auf den Rock bin ich ja richtig stolz. Nein , er ist überhaupt nicht spektakulär, es ist kein neuer Schnitt, keine duftige Viskose irgendeines schicken französischen Labels, die Farbe ist nicht mal frühlingshaft. Warum ich trotzdem so stolz bin? Weil ich bei dem Rock ein Nähproblem gelöst habe, das mich schon lange beschäftigt hat.

Der Rock ist nach dem Schnittmuster Sandbridge Skirt von Hey June genäht. Es gibt aber auch viele ähnliche Schnittmuster in den einschlägigen Zeitschriften, es ist einfach ein Basic-Schnitt mit „5 pockets“ , rückwärtiger Passe und einem Reißverschluss in der vorderen Mitte. Das ist der typische Schnitt für einen Jeansrock, und so ist der Sandbridgerock auch designt. Er sitzt eher etwas tiefer in Richtung Hüfte und hat deshalb einen Formbund. Der Original-Sandbridge ist sehr kurz, ich habe den Schnitt verlängert und einen rückwärtigen verdeckten Schlitz ergänzt, um meine Fortbewegungsfähigkeit zu sichern.

Ich hatte den Sandbridge Rock vor einigen Jahren schon mal genäht und hier darüber gebloggt. Das Ergebnis damals war nicht so ganz optimal, obwohl ich mir bei der Anpassung Mühe gegeben hatte. Aber ich hatte den Rock damals schon gefüttert- natürlich gefüttert, denn jeder von uns kennt die unheilvolle Anziehungskraft von Cord auf Wollstrickstrumpfhosen. Und natürlich trage ich so einen Cordrock über einer Wollstrumpfhose- wenn die Temperaturen es erlauben würden, die Strumpfhose weg zu lassen, würde ich doch viel lieber einen Rock aus einer frühlingshaften duftigen Viskose irgendeines schicken französischen Labels tragen!

Problematisch fand ich damals die Befestigung des Futters in der vorderen Mitte. Da ist ja der Reißverschluß mit Untertritt, und daran mußte dann das Futter befestigt werden. Anleitungen dafür gibt es nicht- offensichtlich hat außer mir keiner das Problem, daß er einen Jeansrock füttern möchte. Alle gefütterten Röcke haben ihren Reißverschluß entweder seitlich oder in der hinteren Mitte.

An der Futterproblematik bin ich damals gescheitert und habe dann das Futter irgendwie am Rockreißverschlußschlitz befestigt.

Jetzt hatte ich es geschafft, den Futterschnitt so anzupassen, daß ich das Futter beim Annähen des Reißverschlusses mitnähen konnte. So ganz genau kann ich es im Nachhinein auch nicht mehr beschreiben, aber mein Vorgehen war so, daß ich mir überlegt habe, wo die senkrechten äußeren Nähte des Reißverschlusses verlaufen im Bezug zur vorderen Mitte. Das war dann meine Nahtlinie auf dem Futterschnitt, natürlich ergänzt um die Nahtzugabe. Mit dem Ergebnis bin ich zufrieden, ein Tutorial möchte ich dazu allerdings auch nicht schreiben…

Das Label „proud as punch“ hatte ich ausgesucht, weil es farblich so schön passte. Aber es drückt auch sehr gut meine Zufriedenheit mit meinem Nähwerk aus, denn ich bin wirklich stolz auf diesen Rock. Als ich dieses Label aus dem Adventskalender von Kylie and the Machines zog, habe ich erst mal die Übersetzung nachgeschlagen. Punch ist das Kasperle, und in der Zusammensetzung „proud as…“ würden wir es als „stolz wie Oskar“ übersetzen. Wieder was gelernt- und da soll nochmal jemand sagen, daß Nähen nicht der Allgemeinbildung dient!

Den Sandbridge -Rock von 2018 habe ich eine Weile gerne getragen, mittlerweile finde ich ihn nicht mehr so toll. Auch wenn er auf den alten Bildern recht gut aussieht, war der Stoff immer schon ungeeignet für diesen Schnitt. Es war ein dünner Feincord, eher für Hemden oder Blusen geeignet als für diesen Schnitt. Der Cordrock 2022 ist aus einem stabilen und leicht dehnbaren Cord genäht, es ist die gleiche Qualität , die ich auch für meine grüne Bettyhose verwendet hatte. In Verbindung mit meiner halbwegs ordentlichen Innenverarbeitung hoffe ich, daß ich mit diesem Stück ein etwas langlebigeres Teil geschaffen habe.

Die Bluse, die ich zum Rock kombiniert habe, ist nach dem Schnittmuser Maybelle der belgischen Schnittdesignerin Iris May genäht. Ich bin ja großer Fan der belgischen Stoff-Firma Seeyouatsix, und deren Designerin verwendet diesen Schnitt sehr oft für ihre Designbeispiele. Es ist ein klassischer Hemdblusenschnitt, auch hier gibt es natürlich viele ähnliche Modelle in den einschlägigen Zeitschriften. Was mir aber an diesem Schnitt so gefällt, sind seine gelungenen Proportionen. Die Bluse sitzt eigentlich ganz lässig, hat aber trotzdem eine schön geformte und hohe Armkugel, so daß sie nicht ganz so „hemdsärmelig“ herkommt, in wahren Sinn des Wortes. Meine letzten beiden genähten Blusen waren ähnliche Schnitte, aber sowohl Kalle von Closetcore als auch die Beabluse aus dem Buch Timeless Chic haben deutlich überschnittene Schultern und dann eben diese sehr flache Armkugel, die an ein Herrenhemd erinnert. Diese Bluse ist deutlich femininer, das mag ich gerne

Außerdem hat der Schnitt so schön viele Variationen, man kann verschiedene Ärmelformen oder -längen wählen, verschiedene Rockformen dranhängen, und wer mit einem „Mini-Me“ im Partnerlook gehen möchte, bekommt das ganze auch identisch als Kinderschnitt. Für mich ist das ein praktischer und gut einsetzbarer Schnitt, den ich sicher nochmal nähen werde.

Der Stoff der Bluse ist von Seeyouatsix, unverkennbar. Ich bestelle sehr gerne die Stoffe dieses Labels, weil ich die Designs so gerne mag und von Stoffqualität noch nie enttäuscht worden bin. Aber als ich diesen Stoff aus dem Päckchen zog, mußte ich doch erst mal schlucken und dachte, ich hätte mich verkauft. Ja, die Farben, dieses Grün, etwas rosa, das mochte ich gerne, auch das Blätter-Design, schließlich heißt das Muster ja auch Autumn Joy. Aber zwischen den Blättern verbergen sich etliche Tiere… mit dem possierlichen Eichhörnchen kam ich ja noch zurecht, aber dann gibt es ein weißes Tier, das ich nicht so ganz bestimmen kann- weiße Ratte, Iltis? Es ist jedenfalls ein Tier, das mir spontan unsympathisch war, und das tummelt sich jetzt auf meiner Bluse. Andererseits kann man ja auch einer Bluse auch mal ein witziges oder ungewöhnliches Muster haben, es ist ja keine so große Fläche wie z.B. ein Kleid.

Bild von Autumn Joy - M - Baumwolle Gabardine Twill - Forest River
Quelle: Seeyouatsix

Und die tolle Stoffqualität entschädigt für einiges. Es ist 100% Baumwolle, aber ganz weich und geschmeidig, mit einem richtig „warmen“ Griff. Auch wenn die Bluse so herbstlich daher kommt, wird sie mich sicher durch die letzten kühlen Tage dieses Winters begleiten.

Die Tasche heißt Anni und kam aus der Januar-Box von „dasmacheichnachts“. Wer die Boxen nicht kennt: hier kann man monatlich ein Päckchen erhalten, das Material für ein Projekt erhält. Keine Kleidung, sondern eher Patchwork, Taschen und ähnliches. Es ist alles immer wunderschön gestaltet, und die Stoffe sind sehr geschmackvoll zusammengestellt. Man kann die Boxen abonnieren, oder als Einzelbox kaufen, den Taschenschnitt gibt es aber auch alleine.

Ich finde den Schnitt ganz witzig: die Tasche wird nach unten hin weiter durch eingelegte Falten an der Taschenseite. Oben ist sie schön schmal und wird nach unten hin richtig tief. Sie wird mit einem Reißverschluß oben geschlossen, es gibt eine Außentasche. Absolut professionell wirkt natürlich die Trägerlösung, die farblich passenden Lederriemen werden mit Buchschrauben befestigt. Theoretisch könnte man die Träger abnehmen und den Rest der Tasche waschen. Aber so schmutzig werden Taschen ja eigentlich nicht, ich habe zumindest noch nie eine Tasche gewaschen.

Ich war ja ganz glücklich, daß der Stoff in der Box so gut in mein derzeitiges Farbschema paßt, denn der Inhalt der Box ist natürlich eine Überraschung und wird streng geheim gehalten, bis alle ihre Box erhalten haben. Aber so paßt alles schön, und ich kann ein Komplett-Outfit zum Memademittwoch präsentieren. Was haben denn die anderen so genäht, gibt es schon Frühlingsmode?

Blusen Fibre Mood Hose Jeans True Bias

Bluse Bea, Nikko-Top und Betty-Jeans: Gedanken zu Lieblingsteilen

Kommentare 26

Die letzten Dezembertage und die ersten Januartage sind traditionell die Zeit für Bilanzierungen, für Jahresrückblicke und Abrechnungen des vergangenen Jahres. War es ein gutes Jahr, an welche Augenblicke erinnere ich mich nicht so gerne, was möchte ich im nächsten Jahr besser und anders machen?

Ich tue mir ja ehrlich gesagt etwas schwer mit solcher Abrechnung, der ich mein Leben zu einem festgesetzen Zeitpunkt unterziehen soll. Natürlich möchte auch ich aus Fehlern lernen, vieles optimieren oder zumindest besser machen, aber ich denke, da gibt es vielleicht bessere Zeitpunkte als ausgerechnet diese Tage um den Jahreswechsel, an denen es so viel anderes zu tun gibt…

Zumindest die bekannte Frage, die man sich ab einem gewissen Alter stellt („wo ist denn eigentlich das Jahr geblieben? es war doch grade erst Neujahr!“) also zumindest diese Frage kann ich gut beantworten, denn ich habe habe ein Nähtagebuch und weiß daher, daß ich auch im Jahr 2021 viele Stunden an der Nähmaschine verbracht habe. Und das waren meistens schöne Stunden:

Genäht habe ich einiges, und meine Bilanzierung zeigt hier einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich der Oberteile aus Webstoff: 17 Teile, recht gleichmäßig auf Kurz- und Langarmblusen sowie ärmellose Tops verteilt. Und da man nicht nur obenrum was anzieht, sind dieses Jahr auch 5 Hosen, 4 Röcke und 1 Hosenrock entstanden. Kleider waren es nur zwei, und dann noch diverse Kleinigkeiten wie ein sehr schöner gefütterter Softshell- Parka...

Tosti von Waffle Pattern

Also vor allem Webstoffoberteile und Hosen, und das entspricht auch meinen Tragegewohnheiten. Das Ziel meiner Näherei ist immer noch das Nähen von alltagstauglichen Teilen, und dieses Ziel habe ich erreicht und werde auch weiterhin so vorgehen. Also, keine Überaschungen hier auf diesem Blog zu erwarten!

Auch das Outfit, das ich zum ersten Memademittwoch des neuen Jahres zeige, ist somit keine Überraschung und bleibt dieser Linie treu: Jeans, Bluse und Unterziehshirt, alles eher casual vom Stil und hoffentlich alltaugstauglich.

Die Bluse habe ich nach dem Schnitt „Bea“ aus dem Buch Timeless Chic von Claras Stoffe genäht. Ich habe mir das Buch wegen der Schnittmuster gekauft, die ich interessant fand. Es sind überwiegend Basismodelle, die sich gut kombinieren lassen und damit meinem „Bluse und Hose/Rock-Stil“ gut entsprechen. Als ich das Buch dann in den Händen hielt, war ich überrascht, daß es auch einen großen allgemeinen nähtechnischen Bereich enthält- genauer gesagt ist die ganze erste Hälfte des Buches grundlegenden Techniken gewidmet.

Einerseits finde ich das sehr gut, denn ohne Technik läßt sich auch ein sonst simples Modell nicht nähen. Andererseits ist es natürlich bei der Fülle der Informationen, die in diesem Buch angerissen werden, nicht möglich, eine Technik wirklich ausführlich zu erklären. Ich vermute, daß für einen blutigen Anfänger die meisten Erklärungen nicht ausreichen, zumal sie auch nur mit Fotos und nicht mit Grafiken gezeigt werden. Ich persönlich hätte mir lieber noch ein paar Modelle mehr gewünscht, denn die sind wirklich hübsch.

Bea ist eine Hemdbluse mit überschnittenen Schultern, so wie es grade modern ist. Der Schnitt enthält alle Stilelemente eines klassischen Herrenhemdes, also Brusttasche, Kragen mit Steg und Ärmel mit Manschetten. Im Rücken sind unterhalb der Passe zwei kleine Kellerfalten.

Bei der Größenwahl lag ich mit meinen Maßen zwischen Gr 38 und 40. Da ich die Bluse eher lässig wollte, habe ich mich für die größere Größe, also 40 entschieden. Leider enthält das Buch keine Fertigmaße des Kleidungsstückes, sonst hätte ich wohl schon gemerkt, daß der Schnitt in sich schon eher lässig gezeichnet ist…gut, ich hätte den Schnitt ausmessen können, aber ich finde die Angabe der Fertigmaße ist immer ein angenehmer Service.

Im Nachhinein finde ich die Bluse etwas zu groß, die 38 wäre wahrscheinlich die richtige Größe gewesen. Andererseits paßt diese sehr lässige Paßform gut zu meinem Stoff. Ich habe einen wunderbar weichen Flanellstoff verwendet, den ich hier bezogen habe. Der Stoff hat eine richtig kuschelige Innenseite- ein Genuß beim Tragen, aber auch schon beim Vernähen. Für die Innenseite der Passe, des Kragensteges und der Manschette habe ich wieder einen Libertystoff verwendet, in diesem Fall den Strawberrry Thief. Der Erdbeerdieb ist eines von diesen ganz klassischen Libertymuster, die es immer wieder in neuen Farben gibt. Meistens ist dieses Design ausverkauft, wenn ich es kaufen will, aber diesmal gelang es mir, ein kleines Stück zu ergattern.

man muß ein bisschen suchen, dann erkennt man die Vögelchen, die scharf auf die Erdbeeren sind…eben der Erdbeerdieb!

Wenn man in Herbst oder Winter Blusen trägt, braucht man auch ein wärmendes Untendrunter. Ich habe einige Shirts aus Merinowolle, die ich gerne trage, aber das wärmt den Hals natürlich nicht. Mit Rollkragenshirts komme ich nicht gut zurecht, mir ist das meistens zuviel und zu enger Stoff am Hals. Um den Schnitt Nikko von True Bias bin ich deshalb schon lange herumgeschlichen. Und auch wenn der Schnitt im ersten Augenblick wirkt wie ein Schnitt, den man eigentlich nicht braucht, muß ich sagen, der Schnitt ist genial.

Nikko ist ein enganliegendes Top mit einer negativen Bequemlichkeitszugabe von 10 cm im Brustbereich, das geht natürlich nur bei entsprechend dehnbaren Stoffen. Die notwendige Dehnbarkeit des Stoffes wird mit 75% angegeben, das braucht man auch, um mit dem Kopf durch den Kragen zu kommen. Der Kragen ist so ein Mittelding zwischen Steh- und Rollkragen, aber wirklich so geschickt geschnitten, daß auch Rollkragenhasser wie ich sich nicht daran stören. Mein Stoff ist ein Rippjerey mit einer interessanten Zusammensetzung: außer Tencel und Baumwolle erhält er auch einige Prozent Poyurethan, das ist vermutlich für die Weichheit des Stoffes verantwortlich. Bei diesem Stoff bin ich wirklich auf die Langzeiterfahrung gespannt, ich hoffe, daß er seine wunderbare Haptik noch eine Weile erhält.

Und die dritte im Bunde ist wiedermal Betty aus der Fibremood. Da ich mit meiner ersten Fassung so zufrieden war, habe ich den Schnitt nochmals genäht, diesmal aus Jeansstoff.

Der Stoff ist ein sogenannter „raw denim“, das heißt er kommt als nicht vorgewaschener Jeansstoff an und ist entsprechend hart und dunkel. Beim Waschen wird er dann zunehmend weicher und auch etwas heller, wobei mein Stoff natürlich immer noch dunkelblau ist. Der Vorteil des „raw denim “ soll wohl sein, daß man zum Waschen seine eigenen, hoffentlich umweltfreundlichen Waschmittel nimmt und auf eine industrielle Vorbehandlung verzichtet wird. Der Stoff wird mit einer ausführlichen Waschanleitung geliefert: die ersten Wäschen nur mit der Hand, nicht schleudern, nicht wringen…ich habe das alles ganz brav gemacht, und der Stoff ist wirklich sehr schön geworden.

Ich habe die Passform der Betty noch etwas weiter optimiert, die Beine am Oberschenkel verschmälert und die Schrittkurve besser angepaßt. Und weil sie dann so schön wurde, paßte der Lederpatch so gut darauf:

Die Jeans-Betty habe ich schon einige Wochen, und sie hat ihren Test auf ein mögliches Lieblingsstück schon gut bestanden. Auch wenn die Hosenform für mich immer noch etwas ungewohnt ist, trage ich sie sehr gerne. Am liebsten mit hochgekrempelten Beinen, denn dann sieht man die Einfassung der Nahtzugaben mit Schrägband…natürlich nur im unteren Bereich, wo die Krempelung ist.

Wann wird ein Teil zum Lieblingsteil oder zumindest zu einem gerne getragenen Kleidungsstück? Diese Frage versuche ich mir ja mittlerweile vor dem Nähen schon zu stellen und möglichst keine Schrankleichen zu produzieren. Klar, die Paßform muß stimmen, die Farben und Stoffmuster sollten mir stehen und das neue Teil sollte sich in die bestehende Garderobe einpassen.

Ein wichtiger Punkt sind die Tragegewohnheiten, denke ich…ich hatte in meiner Anfangsnähzeit sehr viele Jerseykleider genäht, die ich an anderen immer so schön fand. Aber ich trage keine Jerseykleider, ich fühle mich darin denkbar inkomplett angezogen, also wurden sie mittlerweile entsorgt. Überhaupt trage ich selten Kleider, vom Hochsommer mal abgesehen, aber auch im Hochsommer hat sich für mich die Kombination ärmelloses Top und Rock sehr bewährt.

Apropos ärmelloses Top: ich kenne natürlich den Ratschlag aller selbsternannten Stilexpertinnen (…über 60 auf keinen Fall mehr ärmellos tragen!!…)- ich beherzige ihn nicht und fühle mich wohl damit. Hier eine Auswahl meiner ärmellosen Tops 2021, alles Lieblingsteile! Ganz oben eine Variation von DeerandDoe Orchidee, unten selbst gebastelte Schnitte, die auf dem Tunika-Schnitt von Inge basieren.

Weiterlesen
Kleid Memademittwoch WKSA

Robe Cyrene von Wefeelpretty

Kommentare 34

Nein, ich wollte dieses Jahr kein Weihnachtskleid nähen.

Ich hatte keine Zeit, keine Lust, schlechte Laune, viel Streß im Leben 1.0…gut, das traf alles auch schon auf die letzten Monate zu. Aber viel entscheidender war: ich brauchte kein Weihnachtskleid. Denn ich hatte ein Weihnachtskleid! Und zwar das vom letzten Jahr, das Feliz-Kleid aus der Fibremood. Ich finde es immer noch sehr schön und habe es natürlich im letzten Jahr nicht oft getragen. Wir kennen alle den Grund, es gibt nicht so viel Gelegenheiten, Kleider anzuziehen.

Das war das Weihnachtskleid 2020-Feliz aus der Fibremood

Also, ich hatte ein wunderschönes Weihnachtskleid, das würde ich nochmals tragen. Ist ja auch viel nachhaltiger, ein Weihnachtskleid an zwei Jahren zu tragen- was man da an Zeit, Mühe und Stoff sparen kann! Ja, ich kam mir richtig toll vor mit meiner Entscheidung. Ich sah mich schon als neue Trendsetterin, würde jeden, der mich darauf anspricht, meine ökologisch korrekte und umweltschonende Vorgehensweise erklären. Ab jetzt würde ich immer das gleiche Weihnachtskleid die nächsten Jahre tragen!

Der Plan war gut, aber ich beging einen entscheidenden Fehler, der alle guten Absichten zunichte machte. Ich hätte einfach nicht an einem düsteren Dezemberabend, schlecht gelaunt und gestresst, durch die schönen Instagram-Bildchen scrollen dürfen, vor allem nicht auf den Seiten der französischen Influenzerinnen, die ihre Modelle so gekonnt präsentieren. Und da war dann dieses Kleid: Robe Cyrene einer französischen Designerin, deren Namen ich vorher noch nie gehört hatte.

So eine hübsche Silhouette! Da mußte ich mir doch gleich mal den Schnitt auf der Website anschauen. Ja, der Schnitt war wirklich ganz ungewöhnlich schön. Ein Kleid mit Raglanärmeln, die vorne und hinten an der Schulter jeweils drei eingelegte Falten haben. Dadurch wird die Schulter schön geformt und bekommt fast so einen kleinen Anklang eines Puffärmels. Die Taillennaht ist schön geschwungen, vorne nach oben und im Rückenteil nach unten.

Die Designerin nennt ihr Label „Wefeelpretty“, hier sollte wohl der Name wirklich Programm werden. Die anderen Schnitte auf der Website sprachen mich jetzt nicht so an, aber dieser Schnitt erschien mir sehr interessant. Es konnte nichts schaden, den Schnitt zu kaufen, schließlich gab es ihn grade noch zu einem Sonderpreis. Ich wollte mir am Schnitt die Konstruktion genauer anschauen, natürlich nur aus didaktischen und theoretischen Gründen, also anschauen nur mit den Augen….

Ich denke, jeder weiß, wie so eine Geschichte ausgeht. Der Schnitt war kaum auf meiner Festplatte angekommen, als ich auch schon im Geist mein Kleid nähte. Ich war so gierig auf diesen Schnitt, daß ich ihn unmittelbar ausdrucken mußte und dafür sogar die Klebereien der A4-Seiten auf mich nahm. Ich mußte dieses Kleid sofort und jetzt nähen, da führte kein Weg daran vorbei.

Ich war grade noch intelligent genug, ein kurzes Nesselmodell zusammen zu tackern, denn ich wollte meinen schönsten Stoff dafür anschneiden, der noch nicht lange auf meinen Stoffstapel lag und jeden Tag zärtlich gestreichelt wurde. Ein Stoff von Atelier Brunette, mit einem wunderschönen Blütendesign, das an die französische Malerin Lucie Cousturier erinnern soll. Es ist ein Viskose-Webstoff, hergestellt nach dem Ecovero-Prinzip der Firma Lenzing. Hier soll die Herstellung der Viskose umweltverträglicher sein als bei normaler Viskose.

Ein kleineres Abenteuer wartete noch mit dem Zuschnitt auf mich, denn ich hatte nur 2m von dem schönen Stoff und der Schnitt sah 2,40m in meiner Größe vor. Aber sollche Kleinigkeiten können ja einen großen Geist nicht aufhalten- mit etwas Zuschneide-Tetris bekam ich das Kleid aus der vorhanden Menge heraus. Der rückwärtige Rock hat jetzt eine Mittelnaht, was ihn sicher nicht stört.

Der Schnitt hat viele Variationen, man kann ihn als Kleid oder als Tunika nähen, mit engem oder mit eingekrausten Rock und aus verschiedenen Ärmelvariationen auswählen. Das macht die Anleitung nicht grade übersichtlich, zumal sie auf französisch ist und das nicht zu meinen sprachlichen Stärken zählt. Aber man kann sich dann doch durchfinden, auch ohne fundierte Französichkenntnisse. Gut gemacht fand ich die Ausdrucksmöglichkeiten des pdfs, denn man druckt wirklich nur die Seiten aus, die man benötigt, und kann dann auch nur eine Größe wahlweise mit und ohne Nahtzugabe ausdrucken. Die Anleitung enthält übrigens auch Zeitangaben, wie lang man für eine Version braucht. Das fand ich interessant, wenn auch vielleicht nicht so ganz praktisch brauchbar. Schliesslich ist das individuelle Arbeitstempo doch sehr von den Vorkenntnissen abhängig und vielleicht auch von der Genauigkeit des Arbeitens. Aber jedenfalls wird von diesen Angaben her erkenntlich, daß so ein Webstoffkleid einfach kein Quickie ist und es auch nicht sein kann.

Quelle: Wefeelpretty.fr

Zur Anleitung kann ich sonst nicht viel sagen, denn ich habe sie nicht verstanden und auch nicht benötigt, letztendlich ist das Kleid nicht so schwierig zu nähen. Ich glaube, daß der Schnitt technisch sehr gut gemacht ist, denn der Ärmel und der Halsausschnittbeleg haben sehr interessante Formen, die gut aufeinanderpassen, der Ausschnitt hat eine sehr schöne Form, finde ich. Von der Paßform her war ich nachher doch nicht ganz zufrieden, denn das Kleid rutscht beim Tragen etwas nach hinten über die Schulter. Kein Wunder, ich habe etwas nach vorne gedrehte Schultern und benötige ein „forward shoulder adjustment“…wie ich das bei diesem speziellen Raglanschnitt bewerkstellige, das überlege ich mir bis zur nächsten Version. Letzendlich ist das auch wieder ein Jammern auf hohem Niveau, denn ich finde das Kleid wirklich schön an mir.

Also, Ende gut, alles gut, ich bin jetzt sehr froh, daß ich mir doch noch ein Weihnachtskleid 2021 genäht habe. Ich freue mich sehr , daß ich am Sewalong des Memademittwoch teilnehmen kann und reihe mich gerne in die Reihe der Unentwegten ein, die trotz aller Widrigkeiten diese Tradition erhalten. Besonders freue ich mich natürlich, daß diese Seite weiterhin organisiert wird und sende ein dickes Dankeschön an die Organisatorinnen!

Aber das Kleid ist jetzt so schön, da brauche ich im nächsten Jahr doch kein neues Weihnachtskleid. Das trage ich sicher die nächsten Jahre! Natürlich nur, wenn ich nicht wieder den gleichen Fehler begehe und mir französische Schnitte auf Instagram anschaue…

Blusen Closetcore Memademittwoch

Kalleshirt von Closetcore

Kommentare 24

Zwar ist noch nicht ganz die Zeit für den Blogjahres-Rückblick, aber ich denke, das Jahr 2021 wird für mich nähtechnisch als das Jahr der Blusen in die Annalen eingehen. Wenn ich richtig gezählt habe, ist das dieses Jahr die zwölfte Bluse, die ich genäht habe!

Und das entspricht auch gefühlsmäßig meinen Tragegewohnheiten. Ich trage gerne und fast täglich eine Bluse, in T-Shirts fühle ich mich nicht mehr „richtig“ angezogen. Die Werke, die ich auf meinem Blog dieses Jahr gezeigt habe, spiegeln also ganz gut sowohl meine Tragevorlieben als auch natürlich meine Nähinteressen wieder.

Ich erinnere mich noch gut an meine Anfangs-Nähzeiten, das ist jetzt aber auch schon mindestens fünf Jahre her…wie die Zeit vergeht! Meinen 5-jährigen Bloggeburtstag, der im Sommer gewesen wäre, habe ich natürlich verpennt…na gut, dann wird eben der 10jährige groß gefeiert! Jedenfalls habe ich anfangs viel aus Jersey genäht, immer auf der Suche nach dem idealen Shirtschnitt, den ich natürlich nicht gefunden habe. Heute kann ich darüber etwas lächeln, denn ich weiß, daß es den idealen Shirtschnitt nicht gibt. Jeder Jersey verhält sich anders, das ist nicht berechenbar und macht das Nähen aus Jersey zu einer wirklich schwierigen Aufgabe. Warum denken eigentlich alle Nähanfänger, sie müßten Jerseyshirts nähen? etwas Schwierigeres gibt es fast nicht…

Aber zurück zu meinen Blusen. Für mich und meine Nähkünste war es irgendwann eine große Erleichterung, als ich meine Liebe zu Webstoffen entdeckt habe. Es gibt aber auch so wunderschöne Webstoffe, das ist ja eine komplett andere Welt als die der Jerseys. Und wer einmal die Näheigenschaften eines guten Baumwollstoffes wie eines Liberty-Stoffes genossen hat, ich glaube, der ist für alle Zeiten verdorben für die Arbeit mit den Jerseys. Und dann gibt es ja auch diese wunderbaren modernen Fasermischungen, die Tencel oder Lyocell enthalten, da fühlt man sich ja fast ökologisch korrekt, wenn man einen neuen Stoff bestellt…

Die Bluse, die ich heute zeige, ist aus Lyocell, genauer gesagt aus einem sandgewaschenen Lyocell. Zur Erinnerung: Lyocell ist eine Regeneratfaser, die aus Holz gewonnen wird, das Verfahren gilt als umweltverträglich. Unter „sandgewaschen“ versteht man eine Oberflächenbehandlung- ich weiß nicht genau, wie es gemacht wird, vermutlich wird der Stoff wirklich mit Sand gemeinsam in eine große Maschine geworfen. Über die Umweltverträglichkeit dieses Verfahrens mache ich mir lieber keine Gedanken, vermutlich ist es ja nicht damit getan, daß man den Stoff und den Sand 15 Minuten im Schonwaschgang rotieren läßt, da sind sicher ganz andere Kräfte notwendig. Das Ergebnis ist eine matte und etwas aufgerauhte Oberfläche, sonst ist der Lyocell ja eher etwas glänzend.

Es ist ein wunderschöner Stoff, was auf den Bilder vielleicht nicht so gut erkennbar ist. Das liegt zu Teil daran, daß die Bluse leider völlig zerknittert wirkt. Vielleicht kann man daraus lernen, daß Lyocell nicht so edel knittert wie Leinen…es war aber einfach so, daß wir wie immer die Blogfotos gerne vor einem schönen Panorama machen wollten und ich meine neue Bluse deshalb zu einer Spessartwanderung angezogen hatte. Kühle Oktobertemperaturen, deshalb darüber die dicke Jacke, geschwitzt beim ersten Anstieg auf die Höhe- das Ergebnis sieht man auf den Bildern. Bitte denkt Euch die Knitter einfach weg, es ist wirklich ein schöner und glatter Stoff!

Kombiniert habe ich den smaragdgrünen Lyocell mit einem Libertystoff. dem Wiltshire Bud Gold. Der Druck hat diskrete Goldakzente und wäre mir als alleiniger Stoff für ein Bluse zu „weihnachtlich“ gewesen, wobei das natürlich in die jetzige Jahreszeit gut paßt.

Blusen laden sehr dazu ein, mit verschiedenen Stoffen zu spielen, finde ich. Und so habe ich hier die Innenseiten der Schulterpassen, des Kragensteges und der Ärmelmanschetten aus dem Kontraststoff zugeschnitten. Auch die Saumveräuberung mit einem Schrägband aus Kontraststoff konnte ich mir nicht verkneifen. Mir macht sowas ja unglaublich Spaß, mit schönen Stoffen zu spielen, und ich mag es einfach gerne, wenn auch die Innenseite eines Kleidungsstückes schön aussieht. Seit ich den Instagram-Hashtag #sewprettyinside entdeckt habe, bin ich etwas beruhigt…ich bin nicht die einzige, die so denkt!

iihh, da hängt noch ein Faden!

Meine Bluse ist jedenfalls von innen auch schön, die Nähte sind größtenteils mit Kappnähten verarbeitet. Lediglich die Ärmelansatznaht ist nur mit der Overlock versäubert, hier war ich mir unsicher, ob nicht eine weitere Nahtbearbeitung den Fall des Ärmels beeinträchtigt hätte.

Und da die Innenverarbeitung so schön ist , habe ich mir dann mal den Spaß gemacht und die Bluse verkehrt herum angezogen. Auf einer einsamen Wiese im Spessart kann man sowas machen!

Aber genug von Stoff, eigentlich sollte es ja um den Schnitt gehen, das Kalleshirt von Closetcore, so hatte ich zumindest den Blogbeitrag übertitelt. Den Schnitt wollte ich schon ganz lange nähen. Ich bin überzeugte Anhängerin von Heather, der Designerin Closetcore und habe soviel gelernt von ihren Anleitungen. Die Hose, die ich auf den Bildern trage, ist übrigens eine ältere Sasha-Trousers auch von Closetcore.

Kalle ist ein Hemdblusenschnitt, im Original ohne Ärmel mit überschnittenen Schultern. Es gibt etliche verschiedene Versionen sowohl für den Verschluss als auch für die Länge. Die Längen- oder Saumvarianten waren auch das, was mich bisher vom Nähen dieses Schnittes abgehalten haben. Es gibt drei Längen, eine sehr kurze, die ich mir an einer knackigen 20-jährigen gut vorstellen kann, eine sehr lange, die man an lauen Strandabenden bei 30° gerne trägt und eine Tunikalänge, bei der mir die ausgeprägte Rundung zwischen Vorder- und Rückenteil nicht gefiel. Aber das läßt sich ja alles ändern, und ich bin mit meiner Saumlänge und -form für meine klimatischen und persönlichen Bedingungen sehr zufrieden. Es ist so ein Mitteldingens zwischen Tunika und kurzer Länge, und auch die Rundungen an der Seite habe ich nur angedeutet.

Ich habe eine ganz normale Knopfleiste genäht, der Schnitt hätte auch noch die Option einer verdeckten Knopfleiste oder einer Knopfleiste nur im oberen Bereich des Vorderteiles. Auch im Rückenteil gibt es verschiedene Variationen der Falte, dann die erwähnten unterschiedlichen Längen…eigentlich sehr vorteilhaft, daß der Schnitt so vielseitig ist, aber das führt dazu, daß die Anleitung eher unübersichtlich wird.

Ich habe ja schon so einiges von Closetcore genäht und fand die Anleitungen immer toll, in diesem Fall mußte ich einige Abstriche machen. Das ist sicher ein Jammern auf einem hohen Niveau, natürlich sind Schnitt und Anleitung völlig korrekt und ausreichend, aber man wird beim Nähen nicht so an die Hand genommen wie bei anderen Schnitten dieses Labels. Dafür behandelt der Sewalong, der auf der Website veröffentlicht ist, sehr viele gute Tipps zum Blusen- oder auch Hemdennähen. Letztendlich ist dies ein Schnitt, der viele Elemente eines klassischen Herrenhemdes enthält wie z.B. die Brusttaschen oder den Kragen mit Kragensteg. Dazu gibt es sehr ausführliche Blogbeiträge, die man dann beim Nähen des Schnittes erst mal entdecken muß. Der Vorteil ist dabei, daß diese Blogbeiträge für jeden frei zugänglich sind, man muß also den Schnitt nicht kaufen, um sich diese wirklich ausführlichen Tutorials anschauen zu können.

Das Knopfloch am Kragensteg habe ich zwar genäht, dann aber doch nicht aufgeschnitten- ich werde diesen Knopf nie verschliessen

Das Original des Schnittes ist ohne Ärmel, und natürlich habe ich nach der Fertigstellung des Rumpfes die Bluse so anprobiert. Ich war sehr angetan davon, hätte es dann fast so gelassen, aber im deutschen Winter ist eine ärmellose Bluse doch nicht so angebracht. Außerdem wollte ich auch unbedingt die langen Ärmel probieren, die man als Ergänzungsschnitt kaufen kann.

Ich war ja skeptisch…bisher ging ich davon aus, daß ein Schnitt, der als ärmelloser Schnitt designt ist, nicht ohne weiteres mit Ärmeln genäht werden kann. Üblicherweise erfordert das eine Änderung des Armausschnittes an Vorder- und Rückenteil. Bei diesem Schnitt war das nicht so und der Ärmel wurde einfach an die vorhandenen Teile angenäht. Es handelt sich hier allerdings auch um eine weit überschnittene Schulter, und da scheint das zu funktionieren. Ich wüßte auch nicht, was ich hätte ändern sollen. Wenn ich sehr kritisch hinschaue, habe ich den Eindruck , daß der Ärmel etwas nach innen dreht…fällt aber vermutlich keinem auf außer mir.

Das Schönste an den Ärmeln sind die langen Manschetten. Wieder eine Gelegenheit, den schönen Kontraststoff einzusetzen! Die Manschetten werden halb umgeschlagen beim Tragen, und da kommt der schöne Innenstoff wunderbar zur Geltung. Das kleine Knöpfchen am Ärmelschlitz hat wirklich keinen praktischen Nährwert, aber es ist doch einfach hübsch!

Insgesamt bin ich mit dem Schnitt sehr zufrieden und kann mir gut vorstellen, auch noch andere Variationen zu nähen. Insbesondere die ärmellose Fassung kommt im nächsten Sommer sicher mal auf den Nähplan. Aber jetzt freuen wir uns erst mal auf den Winter, auch die kühlere Jahreszeit hat ihre Reize!

Verlinkt wird dieser Beitrag mit dem Memademittwoch– herzlichen Dank an die Organisatorinnen der Plattform, die uns jeden Monat immer wieder aufs neue die Möglichkeit zum Austausch geben!

Blusen fibremood Hose Jeans Memademittwoch

Fibre Mood Betty und Ermine: ein Dream-Team

Die letzte FibreMood gefiel mir ja ausgesprochen gut. Schon beim ersten Durchblättern der Zeitschrift ging ich im Kopf meinen Stoffvorrat durch: welcher Stoff würde sich wohl für welches Modell eignen? Tausend Nähideen kamen mir, die Zeitschrift wanderte abends mit mir ins Bett und wurde vorm Einschlafen nochmals von vorne nach hinten und wieder zurück durchgeblättert. Wo sollte ich anfangen?

Die Antwort war, wie so oft bei mir: eine Hose. Ich trage im Alltag so oft Hosen, sie passen zu mir, ich mag sie und deshalb nähe ich gerne Hosen. Wenn ich diese Vorliebe in Näherinnen- Kreisen oute, bekomme ich oft die Antwort: oh, wie toll, daß Du Hosen nähst, mir wäre das zu schwierig, die ganze Sache mit dem Reißverschluß, und dann die Anpassung…

Meine Antwort ist dann immer, daß man die Sache mit dem Reißverschluß bei jeder halbwegs passablen Anleitung gut meistern kann, und die Anpassung- nun, das ist ein Thema, mit dem ich mich vermutlich auch noch bis an mein Lebensende beschäftigen werden.

Bei der Anpassung einer Hose interessieren mich zwei Aspekte, die ich auch versuche getrennt zu bearbeiten. Die erste Frage ist, wie der Schnitt überhaupt sitzen soll, wie er gemeint ist. Bei der Bettyhose zeigen die Bilder im Heft eine eher legere Form, sie wird beschrieben als Hose im Stil der 80er Jahre…damit ist wohl die Karottenhose gemeint, die in dieser Dekade gerne getragen wurde. Allerdings ist der Begriff Karottenhose irgendwie sehr negativ besetzt und führt zum kollektiven Stöhnen…kann ich nicht verstehen, ich habe diese Hosenform schon in den 80erJahre durchaus gerne getragen. Moderne Bezeichnungen für diese Hosenform, die an Hüfte und Oberschenkel einiges an Mehrweite hat, ist „Momjeans“ oder „Boyfriend“- vermutlich gibt es da irgendwelche feinen Unterschiede, die mir aber bisher verborgen blieben.

Also, es geht hier um eine Hose mit viel „positive ease“ im Hüft- und Oberschenkelbereich, einer großen Bequemlichkeitszugabe. Klingt gut, aber natürlich soll die Hose irgendwie richtig sitzen und passen- das ist der zweite Aspekt, der beim Hosennähen zu berücksichtigen ist. Für Frauen, deren Maße genau in die angegebenen einschlägigen Tabellen passen, ist das kein Problem, dann sucht man sich die richtige Größe raus, näht sie und ist mit dem fertigen Produkt zufrieden (oder auch nicht…)

Wenn ich mir die Größentabelle der Fibremood anschaue, liege ich mit meine Hüftweite zwischen Gr 34 und 36 (je nachdem, wo die Hüftweite gemessen wird, da gibt es ja auch verschiedene Möglichkeiten), bei der Taillenweite bei Gr 38. Von der Brustweite her wäre ich zwischen 38 und 40, zum Glück muß ich die ja beim Hosennähen nicht berücksichtigen. Was tun, welche Größe ist denn nun richtig? Manchmal liest man dann den guten Ratschlag, man solle „gradieren“ zwischen den Größen, also die verschiedenen Linien der unterschiedlichen Größen verbinden. Das wäre ein guter Ratschlag, wenn mein Unterkörper so schön geometrisch gleichmäßig geformt wäre wie eine Litfaßsäule. Das ist er aber ganz und gar nicht, da gibt es überall Erhebungen, Täler und andere Besonderheiten. Wenn man einen Mathematiker bitten würde, den Unterkörper einer Frau als Summe von geometrischen Formen zu beschreiben, würde er sicher dankend ablehnen und sich lieber seinen Differentialgleichungen zuwenden. Also, so einfach kann das nicht sein!

Ich habe mich schon lange mit dem „small butt“ oder „flat seat“ adjustment beschäftigt, wie meine Figurbesonderheit im englischsprachigen Raum bezeichnet wird. Bei meinen ersten genähten Hosen habe ich vieles nach Gefühl geändert, also einfach die Schrittkurve steiler gestellt, etwas Weite und Höhe in der hinteren Mitte herausgenommen und war mit dem Ergebnis recht zufrieden. Zumindest passten mir meine selbstgenähten Hosen viel besser als die Kaufhosen. Mittlerweile habe ich ein Verfahren entdeckt, mit dem ich sehr systematisch einen Schnitt ändern kann. Dieses Verfahren läßt sich natürlich auch in allen Fällen anwenden, bei denen die Hüftweite größer ist als die erwartete Hüftweite in der Maßtabelle. Beschrieben ist das ganze in einem Artikel des Threads Magazine. Leider ist der Artikel nicht kostenlos zugängig, aber eine ähnliche Methode wird auch in diesem Video beschrieben. Das Schnittmuster wird dabei durch eine definierte Anzahl von Schnitten durchtrennt und die entstehenden Einzelteile wieder zusammengeschoben, oder eben auseinandergezogen, falls eine größere Hüftweite gewünscht wird. Klingt kompliziert, geht aber leider nicht einfacher…es geht ja darum, einen dreidimensionalen Raum, also den Po, auf einem zweidimensionalen Schnittmuster abzubilden und zu ändern. Wir kennen ein ähnliches Verfahren auch bei der Anpassung im Brustbereich, dem Full- oder Smallbust-Adjustment. Auch hier muß der fertige 2D-Papierschnitt an drei Linien eingeschnitten werden, um eine Volumenänderung an der richtigen Stelle zu ermöglichen. Genauso geht es auch im Hüftbereich.

Bei der Bettyhose kommt noch dazu, daß die rückwärtige Hose eine Passe hat, die muß man dann erstmal zurückkonstruieren in den Abnäher…also schon etwas Bastelei.

Hat sich die Bastelei denn gelohnt? Ja und nein, würde ich sagen. Ich habe die Weite der Hinterhose von der Größe 38 ausgehend jeweils um 1,5 cm je Seite reduziert, dann noch etwas an der Schrittkurve rumgeschnippelt und noch mehr von der Höhe in der hinteren Mitte rausgenommen.

Nicht geändert habe ich die Oberschenkelweite, und da finde ich die Hose fast etwas zu weit. Naürlich soll sie weit sein im Oberschenkelbereich, aber vielleicht nicht ganz so weit…Die Anpassung einer Hose hört leider nicht nach diesem ersten Schritt auf, da gibt es noch viele andere Stellen, an denen man optimieren kann.

Und natürlich ändert sich die Hose noch mit der Tragedauer. Mein Stoff ist ein Cordstoff mit 3% Elasthan, den ich hier bezogen habe. Er ist sehr bequem, aber dehnt sich durch das Tragen erwartunsgemäß aus. Bei den Bildern mit der grünen Bluse war die Hose recht neu, bei denen mit der orangefarbenen schon eine Weile getragen.

Mal abgesehen davon, daß die Wanderschuhe sowieso keine schlanken Fuß machen, finde ich sie jetzt von hinten etwas zu weit im Beinbereich. Das ließe sich aber problemlos über die Seitennähte ändern, denn die habe ich in weiser Vorraussicht auf eventuell nötige spätere Änderungen getrennt versäubert. Man liest ja immer in den Anleitungen, daß man Nahtzugaben zusammen versäubern solle, die Industrie würde es auch so machen…mag ja sein,daß die Industrie es so macht, kann sie auch machen wie sie will, aber ich möchte langlebige Stücke produzieren und da muß es auch eine Möglichkeit zur Änderung geben.

Bis jetzt fühle ich mich in der Bettyhose aber sehr wohl. Sie ist wirklich sehr bequem, obwohl sie ja recht hoch in der Taille sitzt. Ich trage sie gerne mit einem Gürtel, damit sie wirklich in der Taille sitzen bleibt. Oberteile sollten in der Taille reingesteckt werden bei dieser Hosenform, sonst sieht es leicht etwas unförmig aus. Und der ideale Partner für Betty ist Ermine aus dem gleichen Fibremood-Heft- so eine schöne Bluse!

Im Heft fand ich die Bluse eher schlecht präsentiert, aber es ist wirklich ein schöner Schnitt. Es gibt eine Schulterpasse und im Vorderteil schräge Passen mit vielen Kräuselungen. Wer nicht so gerne Kräusel näht, sollte den Schnitt lieber vermeiden-alle anderen haben ihre Freude daran! Ich habe hier die Gr. 38 genäht und im Rücken an der hinteren Mitte noch ca 1cm Mehrweite dazugegeben, das sind so meine Erfahrungen mit den Fibremoodschnitten, die mich zu dieser Änderung geführt haben.

Bei dieser ersten Ermine aus grüngemusterter Viskose (aus dem örtlichen Stoffgeschäft, ich wollte eigentlich nur den Reißverschluß für Betty und passendes Garn kaufen, aber dann landete dieser Stoff auch in meinem Einkaufskorb, ich weiß wirklich nicht, wie!) habe ich den Ärmelsaum einfach mit einem Gummiband zusammengerafft. Im Schnitt ist überhaupt kein Abschluß vorgesehen, der Ärmel hört einfach auf…etwas eigenartig.

Ich habe dann gleich danach noch eine Ermine genäht, weil ich das Potential des Schnttes weiter ausschöpfen wollte. Erminde die zweite ist aus einer Viskose von LiseTaylor genäht, das ist schon ein Schätzchen, das ich eine Weile im Stoffstapel immer wieder voller Wohlgefallen betrachtet habe. So ein schöner Stoff, und wie schön, daß es auch die passenden Knöpfe dazu gab!

Ermine die Zweite ist eindeutig meine Favoritin. Ich habe die Schulter etwas angepaßt, die Schulternaht ca 1 cm nach vorne gesetzt und auch etwas gedreht. Man sieht das bei der ersten Version nicht, aber die Schulter sitzt nicht gut und die Bluse rutscht immer etwas nach hinten. Das ist jetzt bei der zweiten Version deutlich besser. Die Ärmel habe ich erweitert und in Handgelenkshöhe mit einem Gummiband gerafft, so finde ich die Ärmelform stimmig zum Rest der Bluse. Ach ja, und der Halsausschnitt ist vorne um einen Zentimeter nach unten gesetzt. Da der Ausschnitt mit einem Schrägband versäubert wird, ist diese Änderung unproblematisch auszuführen.

Und dann habe ich natürlich die Inneneinrichtung der Erminebluse verbessert…ich mag es so gerne, wenn meine genähten Kleidungsstücke auch von innen schön aussehen. Ermine II hat eine gedoppelte Passe, genäht nach der Burritomethode und hat dadurch auch eine größere Stabilität im Schulterbereich, die dem Schnitt gut tut.

Bei der Burritomethode wird die Passe gedoppelt und so verstürzt, daß keine offene Saumkanten mehr zu sehen sind. Man kann das immer schlecht beschreiben, aber es ist wirklich total einfach zu nähen (wenn der Knoten im Gehirn, der sich bei mir immer kurzfristig bildet, mal entwirrt ist), ich verlinke hier mal eine Anleitung von Closetcore, aber es gibt auch viele andere. Man kann dabei auch gut einen anderen Stoff in Szene setzen, es ist einfach eine Spielerei, die keiner außer mir sieht, aber ich liebe diese kleinen Feinheiten.

Ich hatte beide Blusenvarianten und die Bettyhose unmittelbar nach ihrer Fertigstellung auf Instagram gezeigt. Ich bin ja nicht so eine geübte Instagrammerin und von einer Influencerin meilenweit entfernt, aber den Versuchungen von Insta erliege ich immer gern: es ist einfach gut für eine schnelle Befriedigung . Man zeigt ein Outfit, ein schönes Foto, und schon prasseln die Herzchen in meinen Account- oh, das ist so gut für das Näh-Ego und Balsam für alle anderen Wehwehchen aus dem Leben 1.0, die einen sonst so beschäftigen! Selbstkritisch wie ich nun mal bin muß ich allerdings feststellen, daß der große positive Zuspruch für diese Modelle sicher nicht meinen Nähkünsten, sondern einfach der beliebten Zeitschrift Fibremood und dem entsprechenden Hashtag geschuldet ist. Aber egal, vor allem die grüne Version gefiel, und gefiel auch den Instagram-Beauftragten von Fibremood offensichtlich so gut, daß sie mein Foto kurzerhand auf ihrem Insta-Account hochluden. Ja, ich wurde davon im nachhinein verständigt, aber ich wurde nicht vorher gefragt. Das fand ich ja schon etwas eigenartig- ich kenne es so, daß die Schnittmusterdesignner einen vorher fragen, wenn sie ein Foto für ihren Account und damit natürlich zu Werbezwecken verwenden, so machen es jedenfalls Closetcore und Wafflepattern. Ich hätte ja auch gar nichts dagegen gehabt, man fühlt sich ja auch geschmeichelt über die Aufmerksamkeit, aber so ohne Vorankündigung fand ich es zumindest eigenartig. Zum Glück handelte es sich um Bilder ohne Kopf, wenn Hose und Bluse zu sehen sind, ist ja auf dem quadratischen Instagram -Bild der Kopf abgeschnitten…

Letzendlich bin ich ja auch selber schuld, ich habe einen öffentlichen Instagram-Account und stimme damit der Sichtbarkeit meiner Bilder zu. Mir hat es nur wieder mal einen Denkanstoß gegeben, was ich auf Instagram zeigen möchte und was nicht. Und für mich war es auch wieder mal ein Argument für einen Nähblog. Natürlich ist der Blog auch öffentlich, aber er hat für mich doch eine gewisse Privat-Sphäre- einfach deshalb, weil ich denke, daß nur derjenige den vielen Text hier liest, der auch Interesse an der Sache hat. Mein Blog ist für mich so etwas wie mein Wohnzimmer oder mein Garten, in das oder in den ich nette Gäste gerne einen Einblick gestatte. Und besonders freue ich mich auf einen Dialog mit diesen netten Gästen!

Ich verlinke diesen Beitrag mit dem Memademittwoch, der Linkparty für die ambitionierte Hobbynäherin, und freue mich auf viele andere inspirierende Beiträge! Danke an das Team für Eure unermüdliche Arbeit, diese qualifizierte Plattform uns zur Verfügung zu stellen!

Culotte Gestricktes Helens Closet Memademittwoch Rosa P Uncategorized

Winslow-Culotte und Nuumi-Cardigan

Oh, ich habe es geschafft: ich nehme mit etwas Gestricktem am Memademittwoch teil! Wie bewundere ich immer die Näherinnen, die mit Stricknadeln genau so souverän umgehen wie mit den Nähnadeln ihrer Nähmaschinen. Da wird dann schnell mal ein passendes Jäckchen zum Rock oder zum Kleid gestrickt…nun, von dieser Kunst bin ich weit entfernt.

Diese Kombination aus Culotte, also Hosenrock und Jacke hat nicht nur ihre Zeit gebraucht zur Fertigstellung, sondern weist auch durchaus ihre perönlichen Macken um nicht zu sagen Fehler auf, das ist das Thema des folgenden Blogbeitrages.

Beginnen möchte ich mit dem Jäckchen, auf das ich so stolz bin. Es handelt sich um den Nuumi-Cardigan von rosa p. Die meisten Strickwerke der letzten Jahre (sind allerdings nicht viele….) sind nach Anleitungen von Rosape entstanden. Ich finde ihre Entwürfe alle wunderschön und die Anleitungen sind so ausführlich, daß auch ich damit gut zurecht komme.

Bei Nuumi handelt es sich um eine eng anliegende Jacke mit Raglanärmeln. Sie wird von oben nach unten gestrickt, die Blenden am Vorderteil werden separat angestrickt. Die Krönung ist natürlich das Zopfmuster, das den Rumpf ziert. Es ist ein einfacher Zopf, gerade so kompliziert, daß das Stricken seine Gleichförmigkeit verliert, aber doch so einfach, daß man es recht rasch auswendig kann. Die verwendete Wolle ist Valley Tweed von Rowan, wie es auch in der Anleitung vorgeschlagen war. Ich weiß nicht mehr so ganz genau, wann ich die Jacke angefangen habe, aber das Strickzeug war zumindest bei zwei Sommerurlauben dabei- also gehe ich von zwei Jahren Strickzeit aus. Vielleicht waren es auch nur eineinhalb, denn ich glaube mich zu erinnern, daß ich sie in einem Frühjahr begonnen habe und damals frohgemut bei der Farbauswahl gedacht habe: das wird ein schönes Herbstjäckchen! na ja, ist ja auch ein Herbstjäckchen geworden, aber halt ein Jahr später.

Ich habe die Jacke bisher noch nicht gewaschen. Bevor jetzt jemand „iihh!“ sagt, die Erklärung, daß das Waschen des fertigen Strickstückes nicht der Sauberkeit oder der Entfernung von irgendwelchen müffelnden Geruchsspuren dient, sondern der Gleichmäßigkeit des Maschenbildes und Verbesserung der Passform- so habe ich es jedenfalls gelesen. Mir war das bisher völlig neu. Ich hatte ja als Teenager auch viel gestrickt, und damals hat das keiner so gemacht. Oder vielleicht wußte ich es einfach nicht, es gab zu diesen Zeiten ja noch kein Internet, und so beruhten meine Strickkenntnisse damals nur auf dem, was mir meine Mutter und meine großen Schwewtern beigebracht hatte. Ich gebe zu, daß es mir widerstrebt, eine saubere und neue Wollstrickjacke erst mal zu waschen, denn sonst ist ja die Empfehlung, Wolle möglichst wenig zu waschen. Die Schafe duschen schließlich auch nicht jeden Tag!

Edit: es gab einen ganz tollen Kommentar zu diesem Blogbeitrag, in dem eine Leserin ihre große Erfahrung mit dem Waschen und Blocken von Strickwaren mitteilt. Schaut mal weiter unten in den Kommentaren!

In diesem Fall war es aber einfach so, daß die Jacke zu unserem geplanten Fototermin gerade so fertig geworden war, und fürs Waschen und Trocken blieb da keine Zeit. Deshalb fehlen auch noch einige Knöpfe. Eigentlich hatte ich andere Knöpfe geplant, aber als ich gemerkt hatte, wie toll die Corozo-Knöpfe von HelloHeidi zur Wolle passten, mußten die es sein. Mittlerweile sind die Knöpfe nachbestellt und angenäht.

Ich liebe diese Jacke sehr und trage sie seit ihrer Fertigstellung wirklich fast jeden Tag. Sie ist so schön herbstlich und fügt sich damit wunderbar in meine Garderobe ein. Allerdings ist sie wirklich eher figurnah geschnitten und passt am besten über dünne Blusen oder Tops. Aber das ist ja das, was man im Spätsommer und Herbst braucht, wenn die Sommerblusen zu kalt werden und etwas zum Überziehen benötigt wird.

Ich habe die Jacke mit einem ärmellosen Top kombiniert, das ich hier schon beschrieben habe. Ergänzt wird das Ensemble durch einen Hosenrock , die Winslow-Culotte von Helens Closet.

Quelle: Helens Closet

Die Winslow-Culotte ist kein neuer Schnitt, er ist in den Maßstäben des Smartphone-Zeitalters eher uralt, nämlich von 2016. Es war der erste Schnitt, den die kanadische Schnittdesignerin Helen veröffentlicht hat, und ich finde ihn absolut genial. Er ist sehr einfach- ein Hosenrock mit je zwei Kellerfalten im Vorder- und Hinterrock, rückwärtiger Reißverschluss und ein gerader Bund. Ach ja, Nahttaschen hat er natürlich auch. Also wirklich ein simpler Schnitt, aber er schafft es, an wirklich jeder Frau mit jeder Figur gut auszusehen- so jedenfalls mein Eindruck, wenn man auf Instagram den entsprechenden Hashtag durchscrollt. Für mich gehört dieser Schnitt zu den absoluten Klassikern der Nähwelt, ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, daß die Nähwelt um einiges ärmer wäre ohne diesen Schnitt…

Da der Schnitt so einfach ist, war auch meine Anpassung sehr einfach: ich habe den Vorderrock in Gr 8 genäht, den Hinterrock in Gr 6 und den Bund in Gr.10. Den fehlenden Umfang der Rockoberteile habe ich durch entsprechende Veränderungen der Tiefe der Kellerfalten ausgeglichen. Klingt so ein bisschen wie Schnittanpassung for Dummies, aber hat wunderbar funktioniert. Der Rockbund ist gerade, aber da er hoch in der natürlichen Taille sitzt, paßt er gut.Es gibt, wie bei allen Schnitten von Helens Closet, eine sehr ausführliche Anleitung und einen noch ausführlicheren Sewalong- damit ist dieser Schnitt sicher für jeden geeignet.

Genäht habe ich den Rock aus einem Leinen-Tencel-Stoff, genauer gesagt hat der Stoff 15% Leinen und 75% Tencel. Für die Rocklänge, die ich gewählt habe, ist der Stoff gerade noch geeignet. Empfohlen werden für die längeren Längen eher weich fliessende Stoffe, denn da kommen schon größere Mengen an Stoff zusammen. Bei einem festeren Stoff stehen die Culottebeine dann sehr ab, das ist nicht mehr so schön.

Den rückwärtigen Bund meiner Culotte ziert eine z-förmige Stickerei. Ach, wie gerne würde ich jetzt meine tiefgründigen Gedanken hier niederschreiben, warum es gerade dieses Stickereimotiv sein mußte…vielleicht so: das z ist der letzte Buchstabe des Alphabetes, sozusagen eine Metapher des Endlichen, und symbolisiert so die Endlichkeit des Rockbundes, der ja auch irgendwann am Verschluss endet…hmm, nicht sehr überzeugend….

Oder so: durch die Stickerei konnte ich auf subtile Weise die Form der Kellerfalten aufnehmen und dadurch eine geniale Verbindung von Rock und Bund herstellen…auch nicht viel besser.

Leider ist die Erklärung für die Stickerei viel banaler und eigentlich sehr peinlich. Ich habe beim Zurückschneiden der Nahtzugaben des Bundes in den Bund reingeschnitten und damit einen wunderschönen rechteckigen Cut produziert. Gemerkt habe ich das erst beim Bügeln, und dann war das Entsetzen groß. Mein erster Gedanke war, es einfach zu lassen. Der Bund war ja verstärkt, und ich habe dann nochmals etwas Einlage auf den Einschnitt gebügelt, so daß er eigentlich nicht mehr ausfransen konnte, und verschlossen war der Einschnitt auch. Der Stoff hat ja eine leichte Unregelmäßigkeit in der Struktur, und so fiel der Schnitt gar nicht so sehr auf. Andererseits ist es ein Bereich neben dem Reißverschluss, an dem man beim An- und Ausziehen doch immer wieder mal rumzuppelt, und ich wollte ja schon ein langlebiges Kleidungsstück produzieren.

Also Reparatur. Wenn es ein Jeansstoff gewesen wäre, hätte ich einfach eine Applikation draufnähen können, das paßte aber in diesem Fall nicht. Gürtelschlaufen hatte ich mir überlegt, passten aber auch nicht zu Stil des Rockes. Die korrekteste Lösung wäre wahrscheinlich gewesen, den Bund abzutrennen und komplett neu zu nähen- dazu hatte ich aber keine Lust.

Also fing ich an zu flicken, mit Zickzackstich über den Einschnitt, und weil es so schön ging, wurde noch ein weiterer Zacken angehängt. Damit das ganze nicht so geflickt aussah, habe ich auf der anderen Seite des Bundes die Stickerei gespiegelt. Ganz symmetrisch ist es nicht geworden, vielleicht hätte ich auf der anderen Seite auch erst mal den Bund einschneiden sollen…

So, jetzt ist es ein gewünschtes Designmerkmal, unbedingt so gewollt und natürlich von von vornherein so geplant gewesen:-)

Ich finde den Schnitt wie gesagt sehr, sehr schön und kann mir gut auch die kürzeren Versionen vorstellen, die kann man dann sicher mit Strumpfhosen gut in der kälteren Jahreszeit tragen. Damit schlage ich jetzt eine schöne Brücke zum Oktober Memademittwoch, an dem sicher viele herbsttaugliche Outfits gezeigt werden.

Jeans Kleidung ändern Megan Nielsen

Eine Jeans weiter machen- DawnJeans von Megan Nielsen

Ich nähe eigentlich ganz gerne Hosen, insbesondere Jeans machen ja schon Spaß. Die vielen Absteppungen, Taschen und die Möglichkeit, mit bunten Stoffen das Innenleben zu gestalten, das mag ich alles gerne. Aber die Anpasserei ist für mich immer noch eine Sache, vor der ich Respekt habe. Und Anpassen muß ich Hosen immer, denn meine Größe in der Taille ist meistens um zwei Größen über der des Hüftmasses. Mittlerweile habe ich ja schon gelernt, die Schrittkurve so zu gestalten, daß die Hosen über dem Po ganz gut sitzen. Alle Hosen hefte ich immer erst mal zusammen, bevor ich die Seitennähte schliesse, oft hefte ich dann auch noch den Bund dran und versuche, eine möglichst optimale Paßform zu erreichen.

Aber da geht das Problem ja schon los- was ist denn die optimale Paßform? Will ich eine Hose, die auf den Blogfotos toll aussieht, oder eher etwas im Alltag tragbares?

Die Frage ist nicht so banal, denn besonders auf Instagram sieht man ja schon viele Bilder von knackig angepaßten Jeans- natürlich werden alle im Stehen gezeigt. Sitzbilder von Hosen sieht man fast gar nicht . Das ist ja schon eigenartig, denn wir verbringen ja doch einen Großteil unseres Alltags im Sitzen, und da soll die Kleidung ja auch halbwegs bequem sein.

Also knackig eng möchte ich meine Jeans nicht haben, ich will mich ja damit bewegen können. Dazu braucht die Hose eine gewissen Mehrweite, aber an welchen Stellen und wieviel, das ist eine spannende Frage. So ist z.B. die Taillenweite im Sitzen deutlich größer als im Stehen. Beim Nachvornebeugen oder auch beim Sitzen braucht man an der rückwärtigen Oberschenkelseite viel mehr Länge, beim Stehen schiebt sich das dann als Falten zusammen. Auch eine spannende Frage: wann soll denn die Paßform optimal sein? Meine Figur ändert sich im Lauf des Tages, abends ist der Bauch dicker als morgens. Und die Jeans ist frischgewaschen enger als nach einigen Tagen Tragen, das ist eine völlig unberechenbare Größe. Auch das Alter der Hose spielt eine Rolle- ich habe Jeans aus dehnbaren Stoffen, die ich schon vor einigen Jahren genäht habe, und da hat das Elasthan einen Großteil seiner Rücksprungkraft eingebüßt.

All das versuche ich bei meiner Jeansnäherei zu berücksichtigen, aber es gelingt nicht immer. Schlecht gelungen war es mir bei dieser schönen Dawn-Jeans, die ich im letzten Jahr schon genäht hatte. Sie war immer schon recht eng- ich hatte ja gehofft, daß der Stoff etwas nachgibt, aber das ist ein schön stabiler Jeansstoff von MindtheMaker, der zwar 10% Polyester enthält und deshalb angenehm weich ist, aber eben kein Elasthan. Der Stoff gibt nicht nach, die Jeans sitzt eher hoch in der Taille, und im Sitzen drückte der Bund sehr unangenehm. Ich hatte also eine typische Stehhose produziert- sie befand sich meistens im Schrank.

Da ich aber den Stoff und vor allem die Farbe so schön fand, beschloss ich, sie zu ändern. Den letzten Anstoss gab Needforneedles, die eine Refashion-Linkparty ins Leben gerufen hat und als Thema Hosen behandelt. Jetzt mußte es sein!

Wie macht man eine Hose weiter? Klar, enger geht immer, aber zum Weiten muß man entweder die Nähte auslassen oder Stoff einfügen. Die Nähte bei Jeans sind meistens keine Option beim Jeans weiten. Ich nähe meine Jeansnähte als falsche Kappnähte, versäubere also die Nahtzugaben zusammen und steppe dann von rechts ab, da ist keine Reserve für mehr Weite. Also Stoff einfügen- das war in diesem Fall nicht so schwierig, da ich noch Originalstoff hatte.

Im Internet findet man viele Anleitungen, wie seitliche Keile in Hosen eingenäht werden. Man kann natürlich auch einen ganzen Streifen nehmen, aber dann wird das gesamte Hosenbein auch weiter- das wollte ich in diesem Fall nicht. Der Bund muß natürlich auch erweitert werden- wenn man das auch in der Seitennaht macht, wird die Änderung sehr offensichtlich. Ich wollte eher eine diskrete Änderung, deshalb wurde die Bunderweiterung in die hintere Mitte gesetzt.

Aber am Anfang steht ja immer das Auftrennen. Ich habe die Seitennähte im oberen Bereich aufgetrennt, und zwar so weit, wie die Abstepplinie in der Seitennaht reicht. Jeans haben ja in der Seitennaht eine typische Stepplinie, mit der der Taschenbeutel nochmals festgenäht wird. Dann wurde der Bund im hinteren Bereich abgetrennt, dabei habe ich sorgfältig darauf geachtet, daß ich bei den Absteppnähten immer genug Faden stehen ließ, damit ich die Enden dann vernähen konnte. Sonst ribbelt sich irgendwann die Ziernaht auf. Insgesamt habe ich etwa 90 Minuten mit dem Auftrennen verbracht.

Dann wurden die Keile seitlich eingesetzt und der Bund wieder angenäht. Den Bund hatte ich durch ein eingeähtes Rechteck auf die neue Länge gebracht, eine der Ansatzstellen ist unter der hinteren Gürtelschlaufe verborgen, und die andere stört nicht weiter. Wahrscheinlich wäre es noch schöner gewesen, einen ganz neuen Bund anzusetzen…genug Stoff hätte ich ja gehabt, aber das hätte auch das Nähen eines neuen Knopfloches im Bund bedeutet…davor wollte ich micht unbedingt drücken.

Und damit jeder Betrachter sieht, daß dieser dreieckige Einsatz unbedingt gewollt und geplant ist und natürlich ein Designelement, wurde er nochmal sichtbar abgesteppt. Das mache ich nämlich richtig gerne!

Die Bundabsteppung habe ich natürlich nicht mehr so ganz exakt hinbekommen, aber insgesamt bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Ich trage die Jeans jetzt sehr gerne, kann mich darin gut bewegen, sitzen und Fahrradfahren.

Unter dem Po bildet der Stoff einige Falten. Wenn ich das ändern wollte, müßte ich Weite aus den Oberschenkeln des Schnittes rausnehmen,und/ oder die Schrittkurve noch etwas nach unten vertiefen. Allerdings fürchte ich, daß sich das negativ auf die Bequemlichkeit auswirken würde. Ich lese auch grade immer wieder, daß die “ baggy jeans “ der neueste Trend sein werden…

Und wenn ich sie doch irgendwann zu weit finde, kann ich sie ja wieder ändern…

Vielleicht noch ein paar Worte zum Schnitt, denn der ist wirklich sehr zu empfehlen. Die Dawn-Jeans sind also für einen nicht dehnbaren Jeansstoff gedacht. Es gibt 4 verschiedene Längen und Beinformen, meine Hose ist die Option B mit dem geraden Bein und eine 7/8 Länge. Es gibt eine ganz ausführliche Anleitung, so daß dieser Schnitt unbedingt auch für Anfänger gut geeignet ist. Der Bund sitzt recht hoch, nämlich in der natürlichen Taille, das ist auch der Hauptunterschied zu den Gingerjeans von Closetcore, die ich schon einige Male genäht habe.

Ich war wirklich ganz glücklich, daß die Änderung der Hose so problemlos möglich war. Klar, über die neue und gut einsetzbare Jeans habe ich mich gefreut, aber für mich hat sich damit das Mysterium der Hosenanpassung wieder ein Stück mehr geklärt. Ich habe gelernt, dass ich bei einem nicht dehnbaren Stoff unbedingt dem Bauch etwas mehr Weite gönnen muss. Wahrscheinlich muss das gar nicht viel sein, mein eingesetzter Keil hat jetzt eine Breite von knapp 2 cm und ist fast etwas zu breit. Bei meiner nächsten Dawn- Jeans werde ich diese Änderung unbedingt schon im Schnitt einarbeiten.

Vor der Änderung und Auftrennerei hatte ich mich ja lange gedrückt. Im Endeffekt war es natürlich nicht so schlimm wie gedacht- man kann fast alles wieder auftrennen, was man mal genäht hat. Und natürlich war der Zeitaufwand der Änderung, das waren vielleicht drei Stunden insgesamt, viel geringer als die Zeit fürs Nähen einer ganzen Jeans.

Ich verlinke diesen Beitrag sehr gerne mit der neuen Linkparty sew unperfect von Inga mit dem Blog needforneedles. Inga beschäftigt sich schon lange mit dem Thema des nachhaltigen Nähens, und auf dieser neuen Linkparty sammelt sie Ideen, wie man Reparaturen oder Änderungen an Hosen durchführen kann. Ich finde das Thema sehr interessant- schaut doch einfach mal vorbei!

Inges Szoltysik Memademittwoch Rock

Plissee is schee…Plisseerock nach Inge

Plisse ist schee…dieser Satz einer Plisseemanufaktur gefiel mir so gut, daß ich ihn auch als Titel für diesen Blogbeitrag gewählt habe. Auch wenn der Reim etwas holprig ist, trifft die Aussage doch genau meine Meinung: Plissee ist schön. Plissee, also diese regelmäßige und geometrische Abfolge von kleinen Falten, hat in meinen Augen etwas ungemein Ästhetisches- kein Wunder , daß das schon vor einigen Tausenden von Jahren die alten Ägypter erkannt hatten, denn die fanden Plissee auch schon schön.

Nun hatten die alten Ägypter natürlich keine Plisseemanufaktur, wo sie ihren Stoff bestellen konnten, genauso wenig wie die vielen nachfolgenden Generationen, die diese Fältelungen schick fanden. Plissieren war früher aufwendig und teuer- die Ägypter legten ihren Stoff zwischen dunkle Steine in den heißen Sand, so weiß es jedenfalls ein sehr lesenswerter Artikel in der Rundschau für Internationale Damenmode, in dem auch die Geschichte des Plissees beschrieben wird. Die Plissiermethoden verfeinerten sich im Lauf der Jahrhunderte, hatten aber alle das große Problem, daß der zu fältelnde Stoff natürlich Leinen oder Hanf war, eventuell auch Seide. In allen Naturfasern halten die Falten aber nicht permanent, so daß die plissierten Kleidungsstücke lange Zeit einer wohlhabenden Oberschicht vorbehalten war. Das änderte sich in den 1930er Jahren mit der Erfindung des Polyesters- nun konnten dauerhafte Falten in Stoffe eingelegt werden und Plissee wurde damit einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich gemacht werden.

Ehrlich gesagt hatte ich mir früher nie gedanken gemacht, wie so ein Plissseestoff hergestellt wird. Man sieht die plissierten Röcke ja mittlerweile viel im Sommer, und sie sehen an den meisten Trägerinnen bezaubernd aus, vor allem wenn die Trägerinnen jung und schlank sind. Aber auch in der Haute Couture werden wohl gern plissierte Stoffe eingesetzt. In dem oben genannten Rundschauartikel werden einige Entwürfe einer Schneiderin gezeigt, in dem plissierte Einsätze in den Kleidungsstücken vorkommen- total schick, wie ich finde. Wer so etwas nähen möchte, braucht dafür eine Plisseemanufaktur, die das gewünscht Plissee im gewünschten Muster herstellt.

Das Handplissieren geht (stark vereinfacht) so, daß der Stoff auf eine gefaltete Schablone gelegt wird. Die Schablone ist aus einem Spezialpapier, das hitze- und feuchtigkeitsrestent ist. Der Stoff wird dann mit einer zweiten Schablone abgedeckt und die Schablonen zusammengeschoben wie eine Ziehharmonika. Das ganze wird dann gut gepresst, gebündelt, und dann ab in den Backofen! Es ist wirklich ein Backofen, und das Plissee wird „gebacken“, so der Fachjargon.

Es gibt natürlich auch Maschinen, die das Plissieren übernehmen, hier wird der Stoff dann über ein Messer in Falten gezogen, das ist wesentlich einfacher. Aber die schönsten Plissees entstehen doch in Handarbeit in den wenigen Plisseemanufakturen, die es in Deutschland noch gibt. Abnehmer dieser Manufakturen sind neben der Mode vor allem Theater und Opernhäusern…natürlich ein Bereich, der im letzten Jahr durch die Coronamaßnahmen sehr in Mitleidenschaft gezogen wurde. Und so ist es vielleicht kein Zufall, daß die Firma Rabowsky, die als eine der ersten Plissiermaschinen hergestellt hat, sich mittlerweile auf Fertigung von Maschinen zur Maskenherstellung umgestellt hat…

Meine Kenntnisse über das Plissee stammen übrigens aus einem sehr sehens- und hörenswerten Beitrag, der hier auf Youtube zu sehen ist. Beschrieben wird der Besuch bei einer Berliner Plisseemanufaktur, ich fand den Bericht absolut spannend.

Mal ganz abgesehen von Fabriken, Maschinen und Manufakturen kann man natürlich auch einen Stoff mit dem Bügeleisen plissieren. Das ist eine Fleißaufgabe, der sich aber offenbar manche Schneiderinnen ganz gerne stellen. Inge Szoltyisik-Sparrer stellte das Verfahren in einer ihrer immer sehenswerten Instagram-Veranstaltungen vor. Sie verwendet dafür einen gestreiften Stoff, so daß man die Falten ganz komfortabel entlang der Streifen legen kann. Bei geblümten Stoffen ist auch Inges Ratschlag, den Stoff zum Plissieren wegzuschicken, sie empfiehlt die Plisse-Manufaktur Schatz, deren Wahlspruch ich im Titel des Blogbeitrags schon zitiert habe.

Quelle: Inge Szoltysik-Sparrer

Inge hat einen wunderschönen Plisseerock entworfen, in dessen Schnitt ich mich sofort verliebt habe. Sonst sind ja die Plisseeröcke, die man so sieht, etwas lieblos hergestellt. Meistens haben sie einen Gummizug in der Taille, und das steht nicht jeder. Ich glaube auch nicht, daß sich so ein Gummiband auf nackter Bauchhaut wirklich gut anfühlt. Der Rock von Inge jedoch hat einen breiten Sattel, an dem das plissierte Rockteil genäht wird, und einen Reißverschluß in der Seitennaht. Also , der Rock gefiel mir gut, aber Lust aufs Hand-Plissieren hatte ich nicht. Was also tun? Die Lösung fand ich in einem französischen Onlineshop. Lise Taylor entwirft nicht nur schöne Schnitte und Stoffe, sondern vertreibt sie auch , und so gibt es ein ihrem Onlineshop ein Nähpaket für einen Plisseerock. Das Nähpaket ist ein Rundum-Sorglos-Paket, das Plissee auch schon gesäumt, und ein Streifen unplissierten Stoffes für den Bund sowie ein Gummiband ist auch dabei. Aber ich wollte ja diesen schönen breiten Sattel des Inge-Rockes nähen- zum Glück gab es aber dieses Stoffdesign auch als Viskose, das Plissee ist natürlich Polyester. Ich hatte vorher bei Lise Taylor gefragt, ob man mir ein größeres Stück unplissierten Polyester schicken könne, aber das ist wohl nicht vorgesehen. Und die Farbgebung von den beiden Stoffqualitäten ist so ähnlich, daß ich es gut zusammen verarbeiten konnte. Als Bonus ergab sich dann auch noch dieses kleine Oberteil aus dem gleichen Stoff.

Das Nähen des Plisseestoffes fand ich etwas gewöhnungsbedürftig. Es ist ja nicht viel zu nähen an diesem Rock, aber er hat natürlich Seitennähte. Damit hatte ich angefangen, und mich bemüht, immer parallel zur Falte in einem Faltentief zu nähen. Ging ganz gut, danach schleppte ich den Rock so wie immer zum Bügelbrett, Nähte sorgfältig ausbügeln, das hatte ich mittlerweile gelernt…leider bügelt man dann auch die Falten aus dem Stoff. Klar, genauso wie die Falten reinkommen, mit Hitze und Feuchtigkeit, kommen sie auch wieder raus. Ich habe dann den Nahtbereich nachplissiert und von da an das Bügeleisen nur noch sehr, sehr vorsichtig eingesetzt. Lektion gelernt!

Der Rock ist übrigens gefüttert mit einem Viskosefutter. Der Sattel ist direkt am Futter angesetzt, das hatte leider anfangs zur Folge, daß das Futter immer oben am Rockrand rauskrabbelte. Eine kurze Beratung mit Inge per mail brachte Hilfe: ich habe eine Steppnaht parallel zum Rockbund durch alle Schichten im Abstand von 1,5 cm zur Bundkante genäht, danach krabbelte nichts mehr.

Eine spannende Sache bei genähten Teilen ist ja immer, die passenden Kombipartner aus dem eigenen Kleiderschrank rauszusuchen. In diesem Fall stellte ich mir das ganz einfach vor- der geblümte Stoff hat einen dunkelblauen Hintergrund, und so sollte das mit einem dunkelblauen Shirt doch passen. Aber weit gefehlt, der Kontrast zwischen dunkelblau und dem pastellfarbenen Rock erwies sich als viel zu hart. Ich habe dann eine Weile rumprobiert und fand nachher die Kombination mit einem hellgrünen pastellfarbenen (gekauften) Top am schönsten.

So sieht man mal den Rockbund in seiner ganzen Schönheit

Und weil das Kombinieren so schwierig wurde, habe ich kurzerhand aus dem Rest Viskose noch ein ärmelloses Top genäht. Der Schnitt hierfür ist der Tunika-Schnitt von Inge, den sie mir mal als Maßschnitt erstellt hatte. Es ist ein wunderbarer Grundschnitt für alle möglichen Spielereien. In diesem Fall habe ich ihn ziemlich kurz genäht, also nur knapp über Taillenlänge und alle Abnäher bis auf den Brustabnäher weggelassen. Im Nachhinein und beim Betrachten der Bilder fiel mir ein, daß es nett gewesen wäre, den Saum etwas geschwungen zu führen, sozusagen korrespondierend zum Rockbund…aber hinterher ist man immer klüger.

Ich bin jetzt sehr gespann auf die Haltbarkeit der Falten. Bisher habe ich den Rock nicht geschont und die Falten scheinen sich nicht zu verändern, auch wenn man längere Zeit drauf sitzt. Angeblich kann man Plissee auch waschen, wenn die Temperatur nicht zu hoch ist. Aber ein Rock wird ja eigentlich nicht so schmutzig und eher selten gewaschen.

Für mich hat sich die Kombination Rock mit passendem Oberteil absolut bewährt. Ich trage beide Teile auch einzeln: das Oberteil paßt wunderbar zu Jeans, und für den Rock habe ich jetzt gerade noch weitere pastellfarbene Oberteile genäht. Das ist ja mit das Schönste am Selbernähen, daß man einen speziellen gewünschten Kombipartner so problemlos herstellen kann. Hach, Nähen ist so toll-wie halten es eigentlich Menschen aus, die nicht selber nähen können? Zumindest mein tiefes Mitleid ist ihnen sicher…

verlinkt: Memademittwoch

Blusen Deer and Doe Rock Schultz-Apparel

Herla-Rock und Orchidee-Bluse

Kommentare 36

Es gibt eine unglaubliche Anzahl von tollen Schnittdesignerinnen, die meist als Ein-Frau-Betrieb die schönsten Schnittmuster erstellen. Ich kenne sicher so einige, da ich mich für diesen „Markt“ sehr interessiere, aber natürlich nicht alle. Immer wieder entdecke ich ein neues Schnittmusterlabel, und das finde ich so spannend: wer ist die Designerin, hat sie einen professionellen Hintergrund, welchen Stil hat sie? In diesem Fall war es ein dänisches Label, was ich neu kennen gelernt habe. Unter dem Namen Schultz-Apparel veröffentlicht eine junge Dänin, die wohl eine Ausbildung in Schnittkonstruktion hat, ihre Schnitte . Der Stil ist sehr vintage-inspiriert, aber durchaus tragbar, es gibt von vielen ihrer Schnitte auch modernere Varianten. So auch bei dem Rock Herla, den ich heute zuerst zeige.

Herla hat einen sehr breiten, assymmetrischen Sattel, an den ein gekrauster Rock angesetzt wird. Es gibt auch eine symmetrische Form mit zwei Spitzen im Sattel, die ist dann wohl mehr Vintage…trug man das so im letzten Jahrhundert? keine Ahnung, aber ich finde meine Version einfach wunderschön!

Es ist ja gar nicht so einfach mit den Rock -Schnittmustern, finde ich. Oder vielleicht ist es auch ganz einfach, und man braucht eigentlich keine Schnittmuster, wenn man einen halbwegs passenden Basisschnitt hat. Beim Rock ist der Grundschnitt wirklich einfach abzuwandeln, hier eine Falte, dort gekräuselt, Formbund, Passe oder doch ein Beleg am Bund, schon ist der Rockschnitt fertig. Ich übertreibe jetzt natürlich, aber so ähnlich funktionieren wohl die meisten Rockschnitte. Deshalb scheint auch der Rock für viele Schnittmusterdesignerinnen gar nicht mehr so interessant zu sein, so als hätten sie den Eindruck, damit sei ja doch kein Blumentopf zu verdienen…

Dieser Rock ist mit seiner assymmetrischen Passe da wirklich eine sehr schöne Ausnahme, und ich bin sehr froh, diesen Schnitt entdeckt zu haben. Ich habe ihn hier aus einer sommerlichen Viskose genäht, aber ich könnte ihn mir auch gut im Herbst kombiniert mit Stiefeln und einem Pulli vorstellen. Gerade durch die breite Passe läßt er sich wahrscheinlich auch gut mit einem etwas kürzeren Pullover kombinieren.

Interessant ist ja auch bei allen individuellen Schnittdesignerinnen, wie sie die Anleitung gestalten. Hier ist Amalie von Schultzapparel auch vorbildlich. Sehr gut finde ich die reichliche Nahtzugabe von 2 cm in der Seitennaht, auch der Bund hat eine seitliche Naht. Dadurch läßt sich der Rock problemlos an Änderungen der Taillen- und Hüftweite anpassen. Eine Sache empfinde ich allerdings als Fehler in der Anleitung, oder zumindest in meiner Umsetzung. Die Anleitung ist ja sehr genau, es wird auch beschrieben, wie der Bund verstärkt wird, und wenn ich sowas lese, dann schalte ich offenbar mein Gehirn auf Autopilot und denke nicht mehr mit. Der breite Sattel des Rockes ist wunderschön und hat diese witzige assymmetrische Ecke- und natürlich hat er deshalb Kanten, die im schrägen Fadenlauf sind. Das würde eigentlich eine Verstärkung des Stoffes durch eine Einlage erfordern, sonst leiert die Kante aus, zumal dann ja auch noch diese ganzen Kräusel mit ihrem Gewicht dran genäht werden. Ich habe die Kanten nicht verstärkt, in der Anleitung steht auch nichts davon- beides finde ich schade. Ich hätte natürlich selbst dran denken müssen, vielleicht hängt es auch vom Stoff ab. Mein Stoff ist eine wunderschöne weiche Viskose des belgischen Stofflabels Eglantine und Zoe, und die hätte eigentlich eine bessere und stabilere Verarbeitung verdient. Bei mir sieht es so aus, daß sich das eigenlich exakt genähte Dreieck des Rocksattels mittlerweile einer gemütlichen Rundung annähert. Ist auch nicht schlimm, paßt auch zum Stil des Rockes, aber schöner wäre es doch, wenn die Form so erhalten bliebe wie gedacht. Nun denn, beim nächsten Herla-Rock wird alles besser!

Ich hatte von der schönen belgischen Viskose reichlich bestellt, und so wollte ich natürlich auch noch ein passendes Oberteil dazu nähen. Meine Wahl fiel auf den Orchidee- Schnitt von Deer and Doe, nachdem mir mein erstes Exemplar nach diesem Schnitt schon so gut gefallen hatte. Für diese Version hatte ich den Ausschnitt etwas entschärft, also höher gesetzt, die Brautknöpfe durch normale Knöpfe ersetzt und eine ärmellose Version genäht.

Die ersten beiden Änderungen lassen sie ja problemlos umsetzen. Der höhere Ausschnitt ist rasch gezeichnet, und für eine komplette Knopfleiste gibt man an der vorderen Mitte einfach die Überbrückungsbreite dazu, in diesem Fall 1,5 cm. Und für die ärmellose Version…läßt man einfach die Ärmel weg. Diese Antwort findet man leider immer noch in vielen, vielen Schnittmustern, auch von namhaften Schnittdesignerinnen. Dabei ist es so klar, daß das nicht funktionieren kann- oder besser gesagt, natürlich kann man das so machen, wenn man gerne der Umwelt auch seinen BH oder andere Bestandteile der vorhandenen oder nicht vorhandenen Unterwäsche zeigen möchte.

Ein Oberteil mit Ärmeln hat einen anderen Armausschnitt als ein ärmelloses, das muß man glaube ich einfach akzeptieren. Sicher hängt manches auch vom Schnittmuster, von der Figur und den persönlichen Vorlieben ab, aber üblicherweise braucht man für ein ärmelloses Top einen engeren Armausschnitt als für eines mit Ärmeln. Wo man die Weite aus dem Ausschnitt rausnimmt, ist vielleicht egal, es geht an der Schulter, unter den Armen oder auch durch einen in den Armausschnitt gedrehten Abnäher, aber enger muß es werden. Für mich setze ich auch gerne den Schulterpunkt etwas nach innen, also etwas innerhalb des Gelenkes zwischen Arm und Schulterblatt, aber das ist sicher Geschmackssache. In diesem Fall habe ich den Armausschnitt unter der Achsel ca 1cm höher gelegt und auch etwas Weite aus dem Armausschnitt genommen.

Zum Glück hatte ich diesmal dran gedacht, bei meiner Schnittbastelei auch mal zu fotografieren. Meistens bin ich bei dieser Tätigkeit so absorbiert, daß ich nicht an die Dokumentation denke. Wie man sieht, zeichne ich bei all diesen Änderungen mir erst mal die Nahtlinien auf. Der Orchideeschnitt enthält ja 1,5 cm Nahtzugabe, das finden wir alle bequem beim Zuschneiden- erst mal, bis man dann Änderungen machen muß, dann verflucht man diese Bequemlichkeit…In diesem Fall waren die Änderungen ja überschaubar, falls es größere Aktionen oder Abnäherverlagerungen sind, schneide ich die Nahtzugabe komplett ab und arbeite lieber mit einem Schnittteil ohne Nahtzugabe.

Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden. Der Armsausschnitt ist bequem und luftig, aber trotzdem bleibt die Farbe meines BHs mein Geheimnis- so soll es sein. Auch diese Version ist übrigens komplett mit der hellen Seide gefüttert, die ich auch bei der ersten Version der Orchideebluse verwendet hatte. Ich hatte noch Reste davon, soviel Stoff braucht man ja nicht für das Futter. Ich mag diese Orchideeversion sehr gerne, auch wenn sie sicher nicht so spektakulär wie das Original ist, da ich sie ja der voluminösen Ärmel beraubt habe. Aber sie ist sehr alltagstauglich, und wie hier zur kurzen Hose habe ich sie an den heißen Tagen schon viel getragen.

Und jetzt, Trommelwirbel, die Kombination von Rock und Oberteil!

I proudly present: the Herla-Orchidee!

Ehrlich gesagt, war ich etwas enttäuscht von der Kombination, ich hatte mir das irgendwie stimmiger vorgestellt. Wobei das auch zuviel Kritik ist, man kann die beiden Teile gut zusammen tragen, und ich habe es jetzt auch schon oft so angehabt und mich sehr wohl gefühlt.

Mich stört an der Optik, daß ich hier zwei Teile mit breiten Passen kombiniere: beim Oberteil eine Passe hoch in der Teile mit einer Spitze in der Mitte, beim Rock eine breite Passe über der Hüfte mit seitlicher Spitze. Das ist in meinen Augen irgendwie nicht stimmig, die Spitzen korrespondieren nicht und es ist zu viel Passe. Aber das ist jetzt natürlich der übliche überkritische Blick, den wir auf unsere Nähwerke haben. In der Realität merkt das keiner, ich denke, der Betrachter sieht eher ein Kleid oder ein hübsches Ensemble mit Kräuseln hie und da und macht sich sonst keine tiefergehenden Gedanken.

Und so bin ich doch ganz zufrieden mit meiner Herla-Orchidee, die ich an den warmen Tagen schon viel und gerne getragen habe. Für mich hat sich die Kombination eines Rockes mit einem Oberteil aus dem gleichen Stoff schon oft bewährt, da ich beides auch getrennt tragen kann.

Verlinkt wird dieser Beitrag mit dem Memademittwoch, dem virtuellen Laufsteg für die ambitionierte Hobbynäherin. Ich bin schon gespannt, welche spannenden Schnitte und Schnittdesignerinnen ich da wieder neu entdecke!